Ray Davies – Other People’s Lives

Der Schlaganfall des haßgeliebten Bruders Dave dürfte den Traum einer Kinks-Reunion endgültig zunichte gemacht haben. Aber wer brauchte sie noch? Mick Avory vielleicht, der gerade mit anderen Gestrandeten (Hollies, Tremeloes…) aus der „Class Of 64“ durch deutsche Clubs tingelt. Dem guten alten Drummer hat der ehemalige Chef den Vers übers Klempnern im launigen, aber gar nicht ironischen Schunkler „Is There Life After Breakfast?‘ gewidmet. „Take your pills and drink your tea“, empfiehlt Ray Davies als Lebenshilfe in kritischen Phasen, so ur-britisch humoresk, wie wir ihn lieben (auch wenn’s manchmal schon fast wehtut).

Zum zweiten Mal segelt Davies solo, doch hat „Other People’s Lives“ auch Debüt-Charakter, nachdem der Live-Mitschnitt „Storyteller“ 1998 den Act und die Reminiszenz in den Mittelpunkt gestellt hatte, nicht die Standortbestimmung als Song-Schreiber. Davies hat ja stets anderer Leute Leben beobachtet, kommentiert, gewürdigt, den berühmten Mann auf der Straße – ob malochend, schwer respektiert oder voll im Trend – seziert. Weshalb der Titel so kokett wie lahm anmutet. Und es nur logisch scheint, daß der Titelsong, eine doch arg vorhersehbare Medien-Satire („a poison pen can wreck your day…“), zu den schwächeren gehört.

„Other People’s Live“ hat Besseres zu bieten. Das berührende „Creatures Of Little Faith“ mit seiner schimmernden Sax-Einlage. Das versöhnliche „Over My Head“ mit überraschenden funky lics. Eine beschwingte Würdigung des „Next Door Neighbor“ inklusive dieser wohlvertrauten Melodiewendungen, wie sie nur Davies schreibt. Zum Auftakt bündelt „Things Are Gonna Change (The Morning After)“ die Reue nach einer ausschweifenden Nacht in kraftvollem Rock. „After The Fall“ läßt den Finger in der Wunde, aber auch die Sonne wieder scheinen. „A11 She Wrote“ ist eine schöne Dosis Galle, ein bißchen zynisch, aber nicht wirklich bitter.

Zwecks Inspiration hat Davies zuletzt auch über den großen Teich geschaut, nach New Orleans, was vor allem im zart angesumpften „The Getaway (Lonesome Train)“ und beim souligen Stomp auf „Thanksgiving Day“ durchschlägt. Doch bleibt er stets der „Commander Of The British Empire“, auch wenn er „The Tourist“ im French Quarter ins Visier nimmt und dazu einen wohligen R&B-Baßlauf mit Heavy-Riffs und Farfisa-Fanfaren zusammenspannt.

Um die von ihm selbst gestellte Frage zu beantworten: Hier ist noch verdammt viel Leben nach dem Frühstück.

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