» Capote :: Bennett Miller

(start16.2.) Bevor man hier über den weltberühmten Truman Capote redet, muß man den weniger bekannten Philip Seymour Hoffman erwähnen. Er ist ein markanter Nebendarsteller, wie es Ernest Borgnine war oder häufig auch Karl Maiden. Er trägt einen Film. An Hoffmans meist skurrile, tragische, neurotische und liebenswerte Verlierertypen erinnert man sich stärker als an die Szenen der Stars.

Und nun ist dieser dickliche Außenseiter Truman Capote beziehungsweise in „Capote“ alles, was der echte Capote einst war: ein virtuoser Salonlöwe, der sich nach dem Erfolg von „Frühstück bei Tiffany“ in der feinen New Yorker Gesellschaft feiern läßt, mit unerhört süffisanter Rhetorik ganze Partys unterhält, eitel wahllos Bewunderer um sich scharrt, den Ende der 50 Jahre nicht mal seine offen ausgelebte Homosexualitat schadet und der beständig nach Aufmerksamkeit heischend – auch mal Leute für ein Kompliment bezahlt. Faszinierend verkörpert Hoffman Capotes Manierismen, mit stets erhobenem Kinn, fiepend-nasaler Stimme, sanften Gesten man mag kaum den Blick von ihm abwenden. Und zugleich, das ist die Prämisse des Films, legt er subtil die Bruchstellen im Charakter des Schriftstellers frei. „Capote“ ist keine komplette Biographie, sondern erzählt die sechs Jahre, an deren Ende der Snob mit dem Tatsachenroman „Kaltblütig“ zur Ikone der amerikanischen Literatur aufsteigt und seelisch gebrochen abstürzt. Die einschneidende Phase beginnt mit einem Zeitungsartikel über einen vierfachen bestialischen Mord an einer Farmerfamilie im Provinznest Holcomb/ Kansas. Capote fährt dorthin mit seiner Assistentin Nelle Harper Lee (Catherine Keener), später Autorin von „Wer die Nachtigal stört“, um über den Fall einen Artikel zu schreiben. Erst interessieren ihn die beiden Täter Dick Hickock und Perry Smith (Clifton Collins Jr.) nicht. Als Capote mit Smith zufällig plaudert, ist er wie vom Schlag gerührt: Der Killer, ein ungebildeter Herumtreiber aus zerrütetem Elternhaus, weiß sich äußerst gewählt auszudrücken. Nun plant Capote ein Buch über alle Hintergründe zu verfassen, führt lange Gespräche mit Smith in der Zelle, fliegt einen Modefotografen ein und engagiert Anwälte, um die Exekution zu verzögern. Als der sich bedankt, antwortet Capote: „Es ist für mich. Ich könnte es nicht ertragen, dich so bald zu verlieren.“ Ob er Smith, den er anderen gegenüber als „Goldmine“ bezeichnet, schamlos ausnutzt, seine Depressionen von Gewissensbissen, der Obsession für seine ruhmvolle True-Cime-Novel oder beidem herrühren, daß lassen Regisseur Benett Miller und Drehbuchautor Dan Futterman wohlweislich offen.

„Der erste Eindruck ist entscheidend“, sagt Smith zu Capote, und der an anderer Stelle: „Leute denken, weil ich so bin, mich durchschaut zu haben. Sie liegen daneben.“

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