INXS – Switch

Natürlich findet man das zunächst verwerflich: INXS haben ihren neuen Sänger im Rahmen einer TV-Casting-Show namens „RockStar“ ermittelt – INXSSDS, so ungefähr. Wenn man sich dann beruhigt hat, denkt man aber: Ob ein Album ohne Michael Hutchence ehrenrührig oder ganz angebracht ist, wissen nur INXS selbst. Und zu dieser scheußlichen Casting-Idee: Waren INXS nicht immer in erster Linie Entertainer, stolze Pfaue und berufsmäßige Aufschneider? Man kann es durchaus konsequent finden, die Frage der Nachfolge des freiwillig ausgeschiedenen Hutchence auf derart extrovertierte Weise zu lösen.

Und dann auch noch das: „Switch“ ist eine gute Platte. Zusammen mit Auftragsschreibern wie Desmond Child, Guy Chambers (hier auch der Produzent), The Matrix und Annie Roboff inszeniert Vormacher Andrew Farriss einmal mehr den RcVB-Rock dieser Karriere, findet die alten Phrasen, die Telecaster-Riffs und den breitbeinig stolzierenden Schritt, trifft aber auch eine ganze Reihe neuer Töne. Das zärtlich U2artig wabernde „Afterglow“ entlarvt nur der kritische Blick als kitschig; das modern pumpende „Hungry“ hat in der Strophe eine tolle Robert-Palmer-Melodie und wird im Chorus himmelstürmender 8os-Rock.

Und das zu Fuzz-Gitarren schwül dräuende „Hot Girls“ ist so eine Art Trash-Rock, wie er sonst Garbage einfällt. Natürlich sind auf dieser dick auftragenden Produktion die Gesten groß und die Beine breit, aber die Qualität der Lieder und der fulminante Elan verhindern doch jedes Schuldgefühl. Dazu kommt J.D. Fortune, der Glückspilz am Gesang: Fortune singt wie Hutchence, hat aber fraglos viel eigenes Vermögen und ist den Umständen entsprechend sehr demütig, was INXS mehr denn je wie eine kompakte Rockband klingen läßt.

Am Ende dann die Trauerarbeit: „God’s Top Ten“ hat Farriss allein für seinen toten Freund geschrieben und läßt es von Fortune sowie der Rock-Star-Finalistin Suzie McNeil mit viel Gefühl, aber erhobenen Hauptes singen. „He’s on God’s top ten/ Where heaven never ends/ You saw the World/ And the world saw you on that stage/ Wild ‚wild wild colonial boy.“

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates