Diverse – Uptight Tonight – The Ultimate 60’s Garage Collection
Das mit der „Ultimate Collection“ im Titel muß man cum grano salis nehmen. Denn am Ende der Lines Notes wird man darüber informiert, daß das hier nur die Spitze des Garagen-Punk-Rock-Eisbergs sei. Nach diesen mehr als zwei Dutzend Kostproben besagter Gattung wird „Son Of Uptight Tonight“ nicht endlos auf sich warten lassen. Zunächst aber gibt es schon mal einige der berühmtesten, natürlich „Psychotic Reaction“ von den Count Five, von Alec Palao in den Liner Notes als ein „masterpiece of teenaged angst“ (sic!) bezeichnet, eine dieser Fuzz-Gitarren-Orgien mit Yardbirds-Einflüssen, die es 1966 im eigenen Land in die Top 5, in England aber kurioserweise nirgendwohin schaffte.
Denn bei Licht betrachtet, war Garagenrock immer ein typisch amerikanisches Phänomen, und unter Punk verstand man dort ja auch genau genommen immer was anderes als in England. Die Kids jenseits des Teichs bedienten sich generös bei englischen Vorbildern wie Kinks und Them, aber als unbedarfte Plagiatoren sahen sie sich deswegen überhaupt nicht. Auch nicht Billy Gibbons, der 1966 – damals 16 – als Gitarrist der Moving Sidewalks seine Karriere begann und nicht mal näherungsweise Ausblicke auf künftige ZZ Top-Platten gab. Mit dem von ihm geschriebenen „99th Floor“ gab sich das Quartett aus Houston in ganzen zweieinhalb Minuten sogar ausgesprochen progressiv – für psychedelisch anmutende Gitarren- und Harmonika-Soli war da immer noch Platz!
Überhaupt waren die Jungs von der Garagen-Vorhut keineswegs musikalisch unbedarfte Deppen. Auch Teddy & His Patches nicht, die sich zu ihrem „Suzy Creemcheese“ von Zappas „The Return Of The Son Of Monster Magnet“ inspirieren ließ. Die Basis waren Kinks-Riffs circa 1964, aber der vom Quintett in psychotischer Reaktion musizierte Rest völlig entfesselte Garage. Das mit dem „Tune in, turn on, drop out“ hatte die Band ziemlich verinnerlicht. Seeds. Sonics und Vagrants fehlen in dieser Sammlung natürlich nicht. Für Spaß bürgen ausgefallenere Raritäten wie die wüste „Jailhouse Rock“-Aufnahme eines gewissen Dean Carter alias Arlie Neaville, die sich hart am Rande des Wahnsinns bewegt. Und allen voran das „Solo“-Debüt von Denise Kaufman als Denise & Company, einer Single mit dem Titel „Boy, What’ll You Do Then“ von der Sängerin, die dann mit den Ace Of Cups in San Francisco bekannt wurde. Mit der Frage im Titel meinte sie niemand anderen als Jann Wenner, Chef des ganz neuen ROLLiNG STONE. Von der Single gibt’s angeblich nur ein einziges Exemplar!
Der wahre Stoff für Kenner also, die ihre „Nuggets“-Box-Sets um ein Sammlerteil erweitern wollen.