Bob Dylan
No Direction Home: The Soundtrack. Bootleg Series Vol. 7
Paramount
Die Musik zu Martin Scorseses Dylan-Film: alternative Versionen der bekannten Songs und bisher unveröffentlichte Tracks aus den Jahren 1959 bis '66 auf einer Doppel-CD
Obwohl bereits vier Jahre seit seinem letzten Album „Love And Theft“ vergangen sind, ist Bob Dylan präsenter denn je. Weil er sich zum ersten Mal in seiner Karriere erlaubt, zurückzuschauen – und zwar nicht auf die Geschichte der amerikanischen Musik, aus der heraus sich sein gesamtes Werk erklärt, sondern auf seine eigene. Mit dem ersten Teil seiner „Chronicles“ hat er alle überrascht, in Interviews gab er nicht länger den Dada-Mystiker, war an der eigenen Historisierung interessiert, und Ende September lief Martin Scorceses Dokumentation „No Direction Home“ im US-TV Auch dort nuschelte Dylan sich ausführlich durch seine eigene Geschichte.
Selbst ohne die Scorcese-Bilder ist „No Direction Home: The Soundtrack The Bootleg Series Vol. 7″ strukturiert wie ein Film. Ein Road-Movie durch Dylan-Land, der im Jahr 1959 in Minnesota mit dem herzzerreißenden ersten Tondokument von Robert Zimmermanns Stimme beginnt, nie wieder an diesen unschuldigen Ursprungsort zurückkehrt und 1966 in Manchester endet, wo sie ihn Judas“ rufen.
Auch wenn die Aufnahmen chronologisch geordnet sind, ist dies keine lineare Erzählung, wer die Straße ein bißchen kennt, kann jeweils über den Moment hinaussehen. Im zögerlichen Guthrie-Cover „This Land Is Your Land“ von 1961 zeigt sich schon der dunkel dreinblickende Zweifler Dylan vom „The Times They Are A-Changing“-Cover, die Stimme auf dem frühen „home recording“ von „Dink’s Song“ erinnert an den späten Dylan, erste, nie gehörte Versionen von Klassikern weisen bereits in die glorreiche Zukunft.
Die zweite CD des Soundtracks widmet sich ausschließlich den Jahren 1965 und 1966, die auf den „Bootleg Series Vol. 1-3“ ein bißchen zu kurz gekommen waren. Spannend sind vor allem die alternativen Studio-Takes aus den Sessions zu „Highway 61 Revisited“ und „Blonde On Blonde“, die Dylan und seine Musiker kurz vor dem Moment zeigen, in dem sie den jeweiligen Song wirklich zu fassen bekommen. Eindrucksvoll nachzuhören etwa an den Beispielen Just Like Tom Thumbs Blues“ und „Stuck Inside Of Mobile…“.
Besonders schön auch „She Belongs To Me“ mit Bruce Langhorns lyrischen Blueslicks, brachial die Aufführung von „Maggies Farm“ vom legendären Newport-Auftritt, rau und drängend die Versionen von „Desolation Row“ und „Visions Of Johanna“. Zum Abschluß zwei Live-Aufnahmen von der sagenumwobenen Europa-Tour 1966: „Ballad Of A Thin Man“ aus Edinburgh, vielleicht der größte gemeinsame Moment von Bob Dylan und seiner Band auf dieser Tour, und die berühmte furiose „Like A Rolling Stone“-Version aus Manchester.
Scorseses Filmdokument, das in Kürze auf Doppel-DVD erscheint, wird es schwer haben, denn nach „Chronicles“ und diesem Soundtrack weiß man: No one tells Dylan like Dylan.