Rickie Lee Jones
Duchess Of Coolsville
Eine Anthologie der liebsten Songschreiberin der Songschreiber
Ein viel größeres Lob gibt’s kaum, nachdem sich Randy Newman in den Liner Notes zu der Behauptung hinreißen läßt: „She’s about the most talented person I ever worked with.“ Der Meister muß es wissen, er arbeitete mit ihr bei den Sessions zum legendären Debütalbum zusammen. Da will auch Walter Becker nicht hintanstehen und meint: „After all she was (and is) one of a handful of truly important performers to have come along in the pop era.“ Emmylou Harris outet sich als Fan der ersten Stunde. Das 4-Spur-Demo von „The Last Chance Texaco“, das Rickie Lee Jones ihr ins Haus schickte, „remains the best thing I ever got in the mail“. Leider taucht genau das nicht unter den Demos hier auf der dritten CD auf, so daß man Emmylous Faszination nicht nachvollziehen kann.
Im übrigen läßt sich nur schwer gegen die hier vorgelegte Auswahl argumentieren, weil die Dame dieselbe persönlich vornahm – ohne daß ihr jemand dreinredete. Was dann doch etwas nervt, ist der wohlbegründete Verdacht, daß hier ein Computer das Sequencing diktierte: Die 33 Studioaufnahmen auf den ersten beiden CDs sind strikt alphabetisch sortiert von A (Tree In Allenford) bis W(oody And The Dutch On The Slow Train To Peking)! Eine aus einem Anfall von mildem Wahnsinn geborene Idee. Die Absicht dahinter war möglicherweise die, daß die Fans diese ausgewählten Lieblingsaufnahmen mit ihren Qualitäten ganz neu außerhalb des vertrauten Album-Kontextes entdecken sollten.
Was bei solcher alphabetischen Strenge dann bisweilen zur ziemlich anstrengenden Hörerfahrung wird, wenn man so intime Lieder wie „Hey Bub“. „Skeletons“ oder „On Saturday Afternoons In 1963“ grausam aus dem liebgewordenen Zusammenhang gerissen hört und deswegen nicht die Program-Taste des Players bemühen mag.
Kompromisse machte sie notgedrungen wegen nun mal begrenzter Speicherkapazität und nur drei statt vier CDs dann doch. Am besten repräsentiert sind die ersten beiden LPs mit jeweils sechs Aufnahmen (vom Debüt drei zusätzlich in Demo-Fassungen), „Flying Cowboys“ immerhin noch mit vier, „Traffic From Paradise“ entschieden unter Wert mit nur drei Songs.
Dafür mag sie ihre Gründe haben. Fast schon unverzeihlich ist allerdings, daß zwei ihrer delikatesten und größten Aufnahmen, die für „Girl Under Her Volcano“ aufgenommenen Cover-Versionen des Four Tops-Klassikers „Walk Away Renee“ und von Tom Waits‘ „Rainbow Sleeves“, hier fehlen. Nichts gegen den rauschigen, verbrummten und arg verfärbten Kassettenmitschnitt von „Something Cool“, den sie einer Auswahl für die Raritäten auf der dritten CD für würdig befand. Für ihr „Rainbow Sleeves“ wäre aber noch reichlich Platz gewesen.
Um einiges hochkarätiger ist schon, was sie in Zusammenarbeit mit Rob Wasserman, Dr. John, The Blue Nile und Bill Frisell zwischenzeitlich aufnahm und hier zu Recht auftaucht. Die Leistungen, die Lenny Waronker und Russ Titelman (als Produzenten) und Nick DeCaro (Arrangeur) bei den Aufnahmen zum Debüt brachten, bewundert man noch um vieles mehr, wenn man jetzt die unveröffentlichten Demos von „After Hours“ und anderen frühen Songs hört. Die vier letzten von späteren Platten als „Demos“ zu bezeichnen, grenzt da wiederum schon an maßlose Untertreibung. Das ist teils so brillant produziert wie manches aus dem Archiv neulich von Paul Simon nachgereichte „Demo“ bei der Remaster-Edition seiner Solo-Platten.