Richard Hawley
Coles Corner
Gleichförmige Schaukelstuhlmusik für den sanften Schlummer
Schon mehrere Male hat Hawley mich mit seinen unglaublich britisch aussehenden Mitmusikern als Vorgruppe anderer ehrenwerter Künstler m sanften Schlummer gespielt. Jedesmal dachte ich, diese Männer müßten gerade von einer Tournee durch die englischen Seebäder gekommen sein, auf der sie die Bingospieler bedudelten. Zuletzt begegnete der Jarvis-Cocker-Freund Hawley mir bei den Konzerten von Nancy Sinatra, an deren, nun ja, Comeback-Album er mitgewirkt hatte. Ich war regelrecht verwundert, daß die arg tantchenhatte Sinatra nach Hawleys gemächlicher Schunkelei nicht in Puschen und Morgenmantel auf die Bühne trat. Schaukelstuhlmusik, die ihr Tempo nur in den Pausen zwischen den Stücken beim Instrumentenstimmen wechselt.
Auf „Coles Corner“ dauert es bis zum siebten Song, bis die durchschnittliche Track-Geschwindigkeit mal ein bißchen angezogen wird, auch wenn Hawley seinen Brummvortrag beim Shuffle „I Sleep Alone“ deswegen keinen Deut variiert. Davor gab er einmal manierlich Roy Orbison („Wait For Me“), danach gibt es noch eine schöne Countryballade, bei der man direkt an eine zwingend nötige Bearbeitung des späten Johnny Cash denken muß. Daraus wird aber ja leider nun nichts mehr. „Wading through the water of time.“
Verteilt auf mehrere Alben könnte vielleicht sogar ein Drittel der hier versammelten torch songs jeweils als Highlight hell funkeln, doch als Album funktionieren diese gleichförmigen Songs kaum. Vieles erinnert zwar an Nick Lowes „Dig My Mood“, ohne dessen Atmosphärik allerdings. Während man dort die durchweichten Bierfilze riechen kann, klingt „Coles Corner“ nach einer Anderthalbliterflasche verkorksten Rotweins.