Nine Inch Nails
With Teeth
Interscope / Universal
Rückkehr nach sechs Jahren: Bei Trent Reznor regiert wieder die Angst.
Keine zehn Sekunden. Schon nach den ersten sanften, aber stolpernden Beats von „All The Love In The World“ rotiert man wieder im schwarzen Strudel, und sie grüßt einen wie ein alter Freund: die Ästhetik des Leids, der Isolation, der Angst, all das, wofür Nine Inch Nails stehen. Will man so etwas? Der Willkür dieses Mannes ausgesetzt sein oder doch lieber erwachsen werden und ihn im selbst geschaufelten Loch zurücklassen? Im Untergrund. Den Soundtrack dazu gäbe es am Ende seiner neuen Platte: die Ballade „Right Where It Belongs“.
Die musikalischen Stärken des armen Amerikaners liegen seit längerer Zeit in der Dunkelheit. Fröhlich sein können andere besser. Angespannt sitzt er auf seinem Stuhl und produziert mehr ängstliche als hoffnungsvolle Musik. Klebrige Beats, hölzernes Klavier, schmierige Gitarren, bodenlose Rhythmen – Trent Reznor ist einer unserer Besten. Man hat es in den vergangenen sechs Jahren wieder gesehen: Manson, Korn, Rammstein oder schlimmere Lächerlichkeiten – harte, traurige Musik ist zum Witz geworden. Die schwerwiegenden Sätze dieser Welt, in 3:3O langen Stücken verbraten werden. Zum Glück schert er sich nicht mehr um solche Überlegungen, auch um sonst nichts: „With Teeth“ ist weniger verkopft als der monumentale Vorgänger „The Fragile“.
Regelrecht trotzig schreit Reznor die Geister in „You Know What You Are?“ und „Getting Smaller“ heraus – zwei voll verzerrte Nachbeben der „Broken“-EP. „Only“ hingegen ist eine klassische Synthie-Nummer, und die Parallelen zum Debüt „Pretty Hate Machine“ sind schnell gezogen. Dazu kommt der schmissige Rock von „The Hand That Feeds“ oder „Everyday Is Exactly The Same“, und in der Mitte thront der Titelsong: kalt, böse, tonnenschwer.
„With Teeth“ ist so bedrohlich, so anstachelnd, so echt. Eine Platte als todernste Selbstgeißelung, die dabei auch noch sexy ist. Nine Inch Nails eben. Wie lange geht das noch gut? Wie oft kann ein Mann sein potentiell letztes Werk aufnehmen?