South San Gabriel – The Carlton Chronicles
Daß sich in Texas zuweilen und gewiß überproportional oft kleine und größere musikalische Wunder ereignen, ist ein offenes Geheimnis. Dass in den letzten Jahren Will Johnson öfter daran beteiligt war, vielleicht noch nicht Aus dem Stegreif wollen einem auch jenseits des Lone Star State nicht viele Kollegen einfallen, die mit ähnlicher Hyperproduktivität gleich zwei Bands (Centromatic, South San Gabriel) und Solo-Werke mit Material ausstatten und dabei über eine annähernd gute Qualitätskontrolle verfügen. Wer eigentlich? Ryan Adams?
Daß Johnson in anhaltender Betriebsamkeit auch mal zu Hilfsmitteln jenseits des Üblichen greift, ist nur zu verständlich und absolut legitim. Also hatten letzten Sommer im Echolab zu Argyle, Texas ihren großen Auftritt: ein kranker Kater namens Carlton, gepeinigt auch von seiner Haßliebe zum frechen Spatzen Ron, der da immer so „pompous-assed“ und unerreichbar seine Runden dreht. In den Nebenrollen: Katze Kittyphone, Vertraute und „Secret Crash“; Hunderivale Ramon, der zwar professionell knurrt, aber bestimmt nur spielen will; ein namenloser Besitzer als Hand, die zu Beißen gibt. Und: Ein (O)Possum! Wir sind schließlich in Texas.
Eine Fabel also, eine Parabel, ausgebreitet über neun Episoden und die Länge einer Halbzeit, die so sanft zerfließt wie ein Stück Butter unter aufsteigender Vormittagssonne.
„The Carlton Chronicles“ steigen als zartes Wesen aus dem Sumpf des Unbewußten, stoisch empor, befreit von Schlamm und Schlick, im Mondlicht fahl, doch betörend schimmernd. Der Mond muß heller sein, da unten in Texas. Weil wir nicht in Texas sind, bleibt uns nichts, als Zeit zu nehmen für dieses kleine Wunder. Sie dürfen dazu auch gern eine Tasse Tee bereiten und Kerzen anzünden. Aber keine Drogen! Sie brauchen einen klaren Kopf für diese Geschichte, deren Ende wir natürlich nicht verraten. Fürs Delirium sorgen allein schon Johnsons kleine Melodiewunder, sein kopfstimmiger Gesang, der stets gezügelte, doch nirgends statische Vortrag seiner diesmal sieben Mitstreiter.
Angesichts der Saison naheliegender und vielleicht noch besser: Einen Tag am Meer für diese Musik reservieren. Sie könnten ein kleines Stück Ewigkeit ahnen. Oder einfach nur einen schönen Platz in dieser Welt finden, an dem sich Katz und Spatz doch noch „Gute Nacht“ sagen.