Stereo Total
Do The Bambi
Schamlos poppig, stilistisch vielfältig und natürlisch herrlisch französisch
Es gibt Leute die von Francoise Cactus genervt sind. Sie behaupten, die ewige Französin des deutschen Underground-Pop habe ihr Pulver längst verschossen. Vielleicht ist sie ihnen aber auch einfach zu alt, um noch als niedlich durchzugehen. Tatsache ist, dass sich die Sängerin seit bald 20 Jahren durch Texte französelt, die witzig, intelligent und oft ein wenig ohlala sind. Am Anfang mit den rockigen Lolitas – deren Charme sich selbst Alex Chilton nicht entziehen konnte – und seit zehn Jahren als Stereo Total mit ihrem treuen Gefährten Brezel Göring.
„Do The Bambi“ illustriert ein ganzes Universum. Die Stilpalette der 19 Lieder reicht vom Semi-Hörspiel „Babystrich“ über den bezaubernd trashigen Rock‘ n’Roll von „La douce humanite“ bis zu einer Electro-Version von Nicos schönstem Song „Chelsea Girls“. Das Paar Cactus/Göring ist dabei so etwas wie die Berliner Version von Nancy & Lee oder Sonny & Cher: schamlos poppig, aber immer mit einem Bein im abseitig Skurrilen.
Am gelungensten sind dieses Mal die rockigen und die in französisch gesungenen Songs. „Canibale“ ist eine Kombination aus beidem: Alle Reime enden auf „ale“, und Francoise rotzt, was das Zeug hält. „Orange mecanique“ ist eine feministische Version von „A Clockwork Orange“, „ein Film, in dem Frauen nur als Opfer vorkommen“, die Musik orientiert sich dabei an Walter Carlos fantastischen Soundtrack – inklusive eines herrlich retrofuturistischen Thereminsolos. „Ich bin nackt“ kombiniert einen hundertprozentigen DAF-Sound mit einem naiv-koketten Text. Das ist zwar zunächst ganz charmant, wird aber mit jedem Hören immer doofer: „Ich bin nackt! Na und? So hat mich meine Mutter gemacht“ Nein, das ist einfach zu süüüß, vielleicht aber auch nur Geschmackssache.
Doch trotz kleiner Ausrutscher ist die Kombination der unterschiedlichsten Einflüsse von den ganz frühen Sixties, über Elektro-Pop, bis zum minimalistisch bizarren Songwriting – so unterhaltsam und gelungen, dass man am liebsten mit Stereo Total singen möchte: „Musik ist unsere Freundin, nie möchten wir sie vermissen.“ Und wer nun glaubt, 40-Jährige dürften nicht niedlich französeln, der sollte sich besser die Kugel geben.