Louis Philippe – The Wonder Of It All
Ein Wunder, dass dieses Album überhaupt aufgenommen wurde. Louis Philippe, erschöpft und kränkelnd, glaubte selbst nicht mehr an seine Realisation. Auch war er es leid, bei Plattenfirmen um Geld zu betteln – sogar in London gibt es kaum noch ein Label, dass diese idiosynkratische Popmusik finanzieren würde.
Ein Wunder: dass Philippe per E-Mail die Freunde und Verehrer zusammenrief, damit sie die Kosten für die Produktion zusammenbringen – und dass dieser unbescheidene Versuch gelang.
Ein Wunder: dass Philippe auf die gewohnten Streicher-Arrangements und Bläser-Sätze verzichtete (nicht aus pekuniärer Not) und die Lieder mit Gitarre, Percussion, Flöte und Keyboards instrumentierte. Sean O’Hagan, früher mit den High Llamas selbst ein Virtuose fein ziselierter Suiten, steuerte Banjo und spanische Gitarre bei Kein Wunder: dass diese Platte niemals so himmelstürmende, rauschende Momente wie „My Favourite Part Of You “ hat Indes natürlich das, was Louis Philippe „Grandeur“ nennt. Wenn er mit Kopfstimme singt, wirken die Lieder zuweilen etwas grell, wo nicht tuntig, etwa wie bei den Associates. In ganz leisen, unaufgeregten Stücken wie „This Puzzle Of Mine“ und „If That Is Youth“ mit französelnder Melodica (und einem schüchternen Verweis auf Nick Drake im Text) aber erreicht er eine Intimität und Zartheit, wie sie David Sylvian, die Dolphin Brothers, Brian Wilson, Burt Bacharach und Paddy McAloon kultivierten. „My England“ wirkt wie hingetupft, hinter einem schweren Vorhang gespielt, gehaucht „Soul Coat“ imitiert jenen edel geklimperten Bar-Jazz, den man bei Norah Jones und vielen Französinnen rechtschaffen hasst. Es ist ein zauberisches Album, gewissermaßen auf Zehenspitzen – als wäre es ihm peinlich, überhaupt zu stören.
Dass Louis Philippe – ihn einen Ästheten zu nennen, wäre fast eine Untertreibung – ein wenig Paul Celan ähnelt, wird „The Wonder Of lt All“ kaum aufhelfen. Aber ich überweise gern ein paar Euro für die nächste Platte. Diese hat er mir noch geschenkt.
