Biffy Clyro
Infinity Land
Die Schotten spielen mit vielen Stilen, behalten aber ihren eigenen Kern Man könnte ja gemein sein und behaupten Biffy Clyro wären entscheidungsschwach und ihre Musik würde sich deshalb anhören wie ein eklektizistischer Flickenteppich, ein Sammelsurium der unterschiedlichsten Stile, Stimmungen und Spieltechniken.
Vielseitigkeit ist schließlich oft nicht mehr als eine Verschleierungstechnik: Schaut her, wie viele Kunststücke ich beherrsche! Ein wirklich guter Song braucht keine Kapriolen und Jonglierkunststücke. Meistens jedenfalls. Biffy Clyro sind jedoch alles andere als Scharlatane. Wer wie das Trio aus Glasgow aufgewachsen ist, mit den elektronischen Impressionen von Warp, dem Vegetarier-Metal von Napalm Death und den Gitarren-Hymnen von Dinosaur Jr., der kann vermutlich nicht anders. Der weiß nicht wohin mit seinen vielen Leidenschaften, Einflüssen und den daraus resultierenden Ideen.
„Get Wrong“, zum Beispiel, verbindet eine Eigernordwand aus verzerrten Gitarren mit emphatischem Gesang und einem nervös dribbelnden Basslauf, der gegen Ende des Songs an The Sea & Cake erinnert „Glitter And Trauma“, das in England Platz 21 der Single-Charts erreichte, geht noch weiter: Ein elektronischen Zischeln eröffnet ein lärmender Techno-Beat übernimmt, hinzu kommt eine niedliche „Klingelton“-Melodie, die schnell wieder in einem zehn Sekunden langen Metal-Malstrom versinkt Die nur von Schlagzeug und Bass getriebene Strophe klingt dann, ab könne man tatsächlich The Police und flREHOSE miteinander verschmelzen.
Trotz all dieser unterschiedlichen Elemente hat die Musik von Biffy Gyro einen Kern, so wie ja auch die Musik der Pixies, die bei all den Wechseln zwischen Laut und Leise nie auseinanderfiel, sondern sich im Gegenteil immer mehr steigerte und intensivierte. „Infinity Land“ ist bereits das dritte Album der Schotten, die sich trotz guter Kritiken Zeit zum Wachsen genommen haben. Vielleicht, weil die Zwillingsbrüder Ben und James Johnston schon ihr ganzes Leben miteinander spielen und Gitarrist und Sänger Simon Neil ein alter Schulfreund ist? „The Atrocity“ zeigt dann mit Piano, Glockenspiel und akustischer Gitarre, wie schlicht und intim diese Vertrautheit klingen kann: kein musikalischer Salto Mortale, bloß ein wunderschöner, ergreifender Song.
Biffy Clyro wissen genau, worum es geht, aber manchmal können sie einfach nicht nein sagen.