The Go-Betweens – Liberty Belle/Tallulah/16 Lovers Lane
Robert Forster scharwenzelt vor Sydneys Skyline. Grant McLennan und Amanda Brown verliebt. Forster und Lindy Morrison schreiend, sich würgend, weinend. McLennan und Brown vorm Mikro turtelnd, ein viel zu fröhlich klingendes Liedchen singend, während Forster entnervt die geschminkten Lippen schürzt, die Gitarre unhörbar malträtiert und die Augen rollt.
Sequenzen aus den insgesamt sieben Videoclips, die, neben jeweils einer kompletten CD mit Bonustracks, den Wiederveröffentlichungen der letzten drei Go-Betweens-Alben der 80er Jahre beigegeben sind, und die ergreifend von den letzten Jahren der klassischen Besetzung berichten.
Es ist die Story einer Band, die nach einem charmanten Debüt, einem meisterhaften Nachfolger und einem dunklen, zerrissenen, genialischen dritten Album 1986 mit ihrer ersten Platte für Beggars Banquet alle zuvor gemachten Versprechen einlöste.
„Liberty Belle & The Black Diamond Express“ heißt das kompletteste, makelloseste Werk der Go-Betweens.
Im Klassiker „Spring Rain“ trifft New Wave auf CCR, beim köstlichen „Head Full Of Steam“ singt Everything But The Girls Tracy Thorn im Hintergrund, das düstere „The Wrong Road“ und das grimmig traurige „Apology Accepted“ sind Sternstunden McLennanscher Songkunst. Alles wundervoll süffig arrangiert. „Liberty Belle“ war perfekt, es hat nur fast niemand bemerkt.
Glücklos zog es unsere Helden aus London zurück in die australische Heimat. Die Suche nach dem ersten Hit ging (unter Druck der Plattenfirma) auf „Tallulah“
(4) weiter. Mit Amanda Brown an Oboe und Geige kam der fünfte klassische Go-Between hinzu und veränderte nicht nur die Klangfarbe, sondern auch die Harmonie innerhalb der Band.
Die Offiziellen sahen im melodiösen Impressionisten McLennan den Schlüssel zum Erfolg. So wurden seine Songs bis zur Absurdität hittauglich gemacht. Nur „Right Here“ und „Bye Bye Pride“ hatten genügend Potenzial, das unbeschadet zu überstehen.
Forster schrieb derweil zwei seiner besten Songs überhaupt: „The Clarke Sisters“ und „The House That Jack Kerouac Built“.
„Tallulah“ überzeugt als claim to fame nicht vollends. Forster und McLennan hatten sich so weit voneinander entfernt, dass beide erstmals an Soloalben dachten und bereits Songs sammelten. Auf der Bonusdisc gibt’s daher wenig Neues. Immerhin eine verspielte Folkvariante von „I Just Get Caught Out“ und die tolle B-Seite „When People Are Dead“.
Mit „Streets Of Your Town“, der ersten Single des sechsten Go-Betweens-Albums „16 Lovers Lane“ (4,5) von 1988, kam schließlich der – wenn auch bescheidene – Erfolg. Damals von einigen enttäuscht als „Prefab Sprout für Arme“ abgekanzelt, klingt die glatte Produktion von „16 Lovers Lane“ im neuen Remastering erstaunlich gut. Die Songs sind eh über jeden Zweifel erhaben. Die beiden Songschreiber ergänzten sich nie besser ab auf diesem halbakustischen Werk über Verlangen, Liebe und Trennung; McLennan frisch verliebt in Amanda Brown, Forster nach langer Beziehung mit Lindy Morrison im Trennungsschmerz. „Dive For Your Memory“ ist wohl der perfekteste Abschluss, den man sich für diese Band vorstellen kann, denn genau das hatten sie seit ihrer ersten Single „Lee Remick“ getan. Doch es kommt noch besser: Auf der zweiten CD gibt’s mit „Rock’n’Roll Friend“ und „You Won’t Find It Again“ die wohl besten Forster/McLennan-Songs, die es nie auf ein Go-Betweens-Album schafften. Ganz am Ende singt Forster erschütternd Dylans „You’re A Big Girl Now“: „Time is a jet plane, it moves too fast/ But what a shame if all we’ve shared can’t last.“ Die Sorge ist unbegründet, die Magie dieser charmantesten aller 80er-Jahre-Bands hat bis heute gehalten.