For Stars – It Falls Apart
Passiert vor drei Jahren in Dortmund: Ein Mann rennt auf eine Bühne, packt dort ein Salamibrot aus und schlingt es in einem Zug runter. Dann rezitiert er zwei Stunden lang mit hysterischer Stimme Rilke und Thomas Mann. Dazu Lichteffekte, Nebel. Das Geschehen hatte auch irgendeine Aussage, die ich aber vergessen habe. Kunst müsse eben nicht immer schön sein, wurde mir nach der lausigen Vorstellung mitgeteilt, und lebe halt auch mal vom Mythos des Unverständigen. Ach so.
Aber auch unter diesem Kriterium ist die neue For Stars-Platte eine Inszenierung, die innerhalb der ersten sieben Songs zunehmend erblindet. Sänger Carlos Forster will singen wie Thom Yorke (oder gelegentlich auch Neil Young), das richtige Händchen zu Klangausbrüchen wie Mercury Rev haben, noch dazu sollen die Texte wohl Poeme sein. Das Grundproblem des Albums: Die meisten Songs treten verhalten auf der Stelle, dann kommt etwas Krach, dann treten sie wieder auf der Stelle. Und bleiben daher farblos: Lieder, die aus dem Nichts kommen, im Nichts enden – und auch zwischendurch kaum auffallen.
Der Opener „I Should Have Told You“ ist eine verquere Komposition, die leider kalt lässt – zu sehr werden Radiohead bemüht, zu sehr wird gewinselt. Dem Wunsch nach Beruhigung im folgenden „Calm Down Baby“ kommen wir ob der schleppenden Ereignislosigkeit des Songs allerdings sofort nach. Melancholie und Langeweile sind sich einander nicht unbekannt Das leicht schläfrige Muckertum in „It Doesn’t Really Matter“ ist trotz der eingefügten Bläsersätze reine Nervensache. Einzig „In The End“ punktet bis zu diesem Zeitpunkt etwas – nach knapp zwei Minuten meint man, die heiligen Kräfte wären in eine galaktische Partylaune geraten.
„Reminds You“ versinkt jedoch wieder irgendwo im Nirgendwo, und dann lädt sich die Band fast zehn Minuten lang das Stück „If It Falls Apart“ auf – doch auch hier überrascht nichts wirklich (Stilwechsel, Improvisationen, Störgeräusche, Dekadenz). Aber dann: Sowohl „Lend Out Our Love“ als auch der unbetitelte letzte Song (mit Vogelgezwitscher im Hintergrund) sind ohne Muskelprotzerei und jegliche Achterbahnfahrten ausgestattet – und funktionieren ganz wunderbar.
Aber dies sind nur zwei Lieder von insgesamt neun – eine schlechte Quote. Würde Forster auf das Artifizielle und bemüht Falsetthafte mal völlig verzichten, dann könnte er vielleicht wirklich mal nach den Sternen greifen. Bis dahin bleibt es leider bewölkt.