John Frusciante :: The Will To Death
Der Gitarrist singt immer besser - und hält den Experimentierdrang im Zaum
Lassen Sie sich nicht täuschen von diesem Mann. Der sieht schluffig aus und war zeitweise wegen Massen von Heroin unzurechnungsfähig, aber John Frusciante hat gegen jede Wahrscheinlichkeitsrechnung überlebt – und jetzt vergeudet er keine Zeit mehr. Der weiß genau, was er will. Schon als sein letztes Soloalbum, „Shadows Collide With People“, erschien, wollte er sich darüber beschweren, dass man bei großen Plattenfirmen maximal ein Album pro Jahr veröffentlichen darf. Er ließ es bleiben, mit den Worten: „Let’s not talk about that now“. Er hatte längst was vor.
Frusciante, als Gitarrist der Red Hot Chili Peppers und Solokünstler, eigentlich schon gut beschäftigt, hat sich mal schnell ein neues Label gesucht: In Amerika erscheinen seine Werke nun bei Record Collection. Die lassen ihn machen: Sechs Alben hat er für dieses Jahr noch geplant, das nächste schon im August eine Zusammenarbeit mit seinem Songwriting-Partner Josh Klinghoffer und Joe Lally (Fugazi), als Ataxia. Mit Klinghoffer kommt noch eine Kooperation, dazu vier Soloplatten.
Die erste davon ist „The Will To Death „. Klinghoffer ist natürlich auch hier dabei – er bedient so viele Instrumente, dass Frusciante ungern auf ihn verzichtet. Die Gitarre bleibt sein Hauptwerkzeug, aber was sich auf „Shadows“ ja bereits ankündigte, springt einem hier sofort ins Ohr: Frusciante ist jetzt auch ein Sänger. Kein Gitarrist, der ins Mikro raunzt, weil’s halt Spaß macht. Das wäre dann ja Keith Richards. Nein, Frusciante hat hart daran gearbeitet, seiner Stimme mehr Ausdrucksmöglichkeiten zu verleihen, und das zahlt sich aus.
„Everyone speaks at the same time, everyone wonders who am I“, so beginnt „The Will To Death“. Und kein einziger Song klingt lebensmüde. Manche sind schwermütig, manche traurig, aber nicht einer ist deprimierend. Am eindrucksvollstem gelingt ihm diese seltsame Mischung aus Melancholie und Mut auf „Loss“, einer so rührenden Balladen mit so komischen Zeilen. „I know I mean what I’m forgetting/ We give for everything we’re getting.“ Seinen Drang zu elektronischen Experimenten hat Frusciante diesmal im Zaum gehalten (das kommt sicher auf einem der nächsten Album wieder bloß nicht in Sicherheit wiegen!), dies ist klassische Rockmusik. Auf „An Exercise“ erinnert sein Gesang gar an Billy Squier, die Gitarre freilich an die Peppers. Langsam fragt man sich allerdings, ob Frusciante die überhaupt noch braucht.