Frankie Miller – Once In A Blue Moon
Der stets unterschätzte Sänger auf seinen Alben der Siebziger
Er war der geborene Verlierer. Er wusste es nur nicht. Wollte es jedenfalls viele Jahre lang nie wahrhaben. Schottlands eigener Otis Redding, 1972 das new kid in town mit einem Debüt, das sofort Vergleiche mit Rod Stewart provozierte. Aber der hatte zu seinem großen Glück die Faces gehabt, die er als Sprungbrett für seine Solo-Karriere nutzen konnte und denen er manchmal auch skrupellos tolle Aufnahmen für seine Solo-LPs klaute. Frankie Miller hatte als Begleiter erst mal nur die damals noch als zu viel Hype verrufenen Brinsley Schwarz.
Und er machte von Anfang an strategische Fehler. Statt sich mit seiner Interpretation von Dylans „Just Like Tom Thumb’s Blues“ solo so zu profilieren wie Joe Cocker auf seinem Debüt mit der von „Just Like A Woman“, ließ er Nick Lowe und Bob Andrews von besagter Begleitband und drei Mädel mitsingen. Was alles völlig verwässerte. Aber bei den anderen Aufnahmen war die ganze Klasse dieses Sangestalents gar nicht zu überhören. Balladen wie „After All (Live My Life)“ hatten „Otis Blue“-Format! Folk sang selten jemand mit so viel Soul wie Frankie bei „I Can’t Change It“. Der Ohrwurm „Ann Eliza Jane“ war allerfeinster Folk-Rock, und sein munterer Chuck-Berry-Rocker trug den schönen Titel „Candlelight Sonata in F Major“.
Anstatt mutig so weiter zu machen und auf seine schreiberischen Qualitäten zu vertrauen, pilgerte er für die Aufnahmen zu „High Life“ (5)zu Allen Toussaint nach New Orleans, ließ sich von dem sechs prima Songs maßschneidern, hatte auch ein paar eigene sehr gute mitgebracht und wollte außerdem einige andere wie Nick Lowes „Don’t Lose Your Grip On Love“ für die Platte aufnehmen. Was Maestro Toussaint glatt abschmetterte. Die mit Bläsern satt arrangierte und funky musizierte Platte wurde ein artistischer Triumph. Für Millers Soul-Balladen brachten die Session-Asse über professionelles Verständnis hinaus jede Menge Gefühl mit Aber Hits hatten damit wenig später die anderen, Betty Wright mit „Shoo-Rah“ und Three Dog Night mit „Play Something Sweet (Brickyard Blues)“.
Die Titel vieler Songs auf den nächsten Platten lasen sich wie ein Stück fortlaufender Autobiografie: „Drunken Nights In The City“, „Ain’t Got Money Money“ und „A Fool In Love“ auf „The Rock“ (4,5), „Be Good To Yourself, „(I’ll Never) Live In Vain“ und „Take Good Care Of Yourself auf „Full House“ (4), alles Lieder über fortdauernde Erfolglosigkeit, nächtelange Besäufnisse, auch über den Versuch, den Selbstrespekt dabei nicht zu verlieren und neues Selbstvertrauen zu gewinnen.
Davon hätte er nach dem aus dem Album „Falling In Love“ (5) ausgekoppelten Hit „Darling“ eigentlich reichlich tanken können. Prallvoll mit weiteren Ohrwürmern („When I’m Away From You“, „Good To See You“) und erstklassigen Cover-Versionen (John Hiatts „If I Can Love Somebody“ und Bob Marleys „Is This Love“) hätte das den entscheidenden Durchbrach bringen müssen. Entfremdete ihn aber manchen loyalen Fans der frühen Jahre. Produzent Jerry Douglas trimmte ihn dann bei „Double Trouble“ (3,5) auf jenen Soul/Blues/ Rock-Mainstream-Kurs, in dessen Verlauf er auch für „Easy Money“ (3) und „Standing On The Edge“ (3) allemal mehr großartige Aufnahmen machte als Rod Stewart nach „Atlantic Crossing“.
Vielleicht helfen ja diese Remaster-Ausgaben – zwei Dutzend Bonus-Tracks, sehr gute Überspielqualität – dem Kranken, ein paar Arztrechnungen zu bezahlen.