Jolie Holland – Escondida
Der etwas andere Verbraucherhinweis. „I’m certainly not encouraging anyone to fuck up their life“, glaubt Jolie Holland unter den kurzen Text von „Old Fashioned Morphine“ schreiben zu müssen. „Sister, don’t get worried“, tröstet sie, „cause the world is almost done.“ So weit, so morbid – soweit alles klar?
Eher nicht. Denn irritierend ist schon, wie die ehemalige Be Good Tanya, die letztes Jahr bereits mit dem Eigentlich-noch-nicht-Debüt „Catalpa“ positiv aufgefallen war, so was singt Als tanze sie nur kurz über dem Abgrund, um sogleich der Unbill dieser Welt den Mittelfinger zu zeigen. Der erwischt am Ende von „Do You?“ auch ihren Lover. „You motherfucker, I wanted you“, flüstert die Holland, so leise und deshalb so gefährlich. Es ist ein sehr wahres Liebeslied über die Unmöglichkeit, jemanden zu erreichen, der unerreichbar geworden ist „Do you have to go crazy? Is that the best thing you can do?“, bohrt sie eher gefasst als vorwurfsvoll. Sie sucht sich ja auch immer die Falschen aus. Gleich zu Anfang diesen „Sascha“, der nicht über „a real life romance with a train“ hinauskommt, später hat ein Anderer, Namenloser das Ticket für den Übersee-Flug schon in der Tasche.
Strikt old-timey bleibt die musikalische Anmutung zu dieser aus dieser Zeit gefallenen Stimme, die schon ewig zu existieren scheint und doch gerade eben JOLIE HOLLAND um die Ecke schleicht Die phrasiert, wie’s ihr gefällt und dabei die Silben über das Metrum (ver-) schleppt und schleift „Goodbye California“ verströmt lebensmüde Fröhlichkeit (falls es die gibt) und ähnelt kurz „Me And Bobby McGhee“, bevor es sich genauso kurz in Gospel-Höhen schraubt. Ein Spuk? So wie die Begegnung unter „Black Stars“, wo dem Anfang wohl auch ein Zauber innewohnt, vor allem aber schon das Ende. Wie gut, dass Jolie Holland dann immer noch ihr „Darlin‘ Ukelele“ im Arm halten und sich wegträumen kann. Wenn Sister Morphine nicht Händchen halten mag.