George Harrison :: The Dark Horse Years 1976-1992
All those years ago: eine Schmuck-Box mit sechs CDs und einer DVD, die Harrisons Solo-Jahre dokumentiert (etwa 90 Euro) – Anlass zum neuen Entdecken des Sonderlings Für jemanden, der die Beatles so weit von sich weisen wollte wie das Jahr 1492 und andauernd über sein in den Sechzigern beschädigtes Nervensystem klagte, blickte George Harrison doch ganz gern auf jene Zeit zurück. Bei allem Faible für indisches Gesummse blieb sein Sound auch in den Siebzigerjahren durchaus beatleesk, wie man so schön sagt, Slide Guitar und Ukelele inbegriffen. Seine schönsten Songs, zum Ende der Beatles-Ära, waren keine Zufälle – und „All Things Must Pass“ von 1970 ist wohl sein zwar bestes, aber sicher nicht sein einziges gelungenes Solo-Album.
1976 emanzipierte sich Harrison von EMI und gründete das Label Dark Horse. Die so veröffentlichten Platten sind inzwischen zurückgekehrt in den Bestand des Unternehmens und werden einzeln ebenso wieder veröffentlicht wie in der Box „The Dark Horse Years 1976-1992“, die außerdem eine DVD mit Booklet (samt Aufsatz des emsigen David Fricke) enthält. Die paar Videos und Ausschnitte von „Live In Japan“ sowie „Shanghai Surprise“ mögen die Harrison-Nostalgie befriedigen, falls es so eine denn gibt.
Die Alben an sich gewinnen durch den einen oder anderen Bonus-Track ja nicht an Gewicht, aber angesichts der Leistungen von Lennon und McCartney zur selben Zeit darf man den untergebutterten Beatle nicht schelten. „Thirty Three & 1/3“ (3) war schon damals eine anachronistische, naturgemäß harmonieselige Platte. „True Love“ ist eine genauso nette, gleichgültige Cover-Version wie später die Hoagy-Carmichael-Stücke auf „Somewhere In England“ (3) und die Liebesbeteuerungen auf „George Harrison“ (3). „Live In Japan“ (3 auf SACD) enthält auch einige seiner großen Songs (und „Piggies“). Rockmusik war es halt nie so richtig. Hier ein Saxofon-Solo, dort ein hübsches Gitarren-Geplänkel, wohltemperierte Bläser und diese ein wenig weinerliche, jungenhafte Stimme.
Mit seinem Blumen-Spleen und dem Interesse an Formel-1-Brummen war Harrison doch ein rechter britischer Kauz und Sonderling, wie auch der echt verschrobene Humor des wunderlichen „Gone Troppo“ (2) und auch die fröhliche Melancholie von „Cloud Nine“ (3,5) belegen. „When We Was Fab“ brachte 1987 noch einmal Aufmerksamkeit in dürftiger Zeit; Jeff Lynne half da mit, und die Freundschaft zu dem Zuckerbäcker ruinierte ja viel später Harrisons letzte Arbeit.
Der Mann, der eher nicht jedermanns Lieblings-Beatle war, muss noch entdeckt werden. Vermutlich hat er weniger Stuss gemacht als John. Äh, Ringo.