3,0 Alicia Keys – The Diary Of Alicia Keys: Beängstigend perfekte, allzu raffinierte Funk- und Soul-Songs :: BMG/ARIOLA
Das Wunderkind ist wieder da. Was haben sie alle gejubelt, als im Sommer 2001 Alicia Keys Debüt erschien: fünf Grammys, 15 Coverstories allein in den großen US-Magazinen. Dabei bewies „Songs In A Minor“ mühelos, dass auch eine 22-Jährige so geleckt perfekt klingen kann wie die doppelt so alte Diane Krall.
Und nun also „The Diary Of Alicia Keys“. Wieder hat die New Yorkerin fast alle Songs geschrieben und produziert, auch Piano spielt sie selbstverständlich selber. Die Songs sind raffiniert und perfekt, alles wie gehabt, doch der Sound ist ein anderer – was beim von Timbaland co-produzierten „Heartburn“ am auffälligsten ist: Wo früher ein Cofleetable stand, macht sich jetzt der Funk breit. Natürlich nicht der futuristisch ratternde Stop-and-go-Funk, den Timbaland für Leute wie Missy Elliott anrührt. Eher klingt „Heartburn“ wie ein zeitgemäß aufpoliertes Juwel der 70er Jahre: treibende Wahwah-Gitarren, nervöses HiHat, aufputschender Gesang. Auch eine Ballade wie „If I Was Your Woman / Walk On By“ klingt nach der modernen Black Music, zu der Angestellte gern im „After Work Club“ mit dem Hintern wackeln. Damit man mich nicht falsch versteht: „The Diary Of Alicia Keys“ schwebt auf geradezu beängstigend hohem Niveau – hier gibt es nichts zu kritisieren. Außer, man sehnt sich nach etwas Echtem, nach einem Tropfen Schweiß unter den rasierten Achseln, nach Misstönen, die beweisen: Alicia Keys ist ein Mensch, ihre Lieder kommen aus der Seele. Und da bin ich mir nicht so sicher.