Ai Phoenix – l’ve Been Gone – Letter One: Die Norweger lieben die charmante Niedlichkeit des Unfertigen :: GLITTERHOUSE
Man darf hier ja nicht nach Äußerlichkeiten gehen, aber wer dieses wirklich hässliche Plattencover „gestaltet“ hat, möge in eine mit welken Herbstblättern gefüllte Tonne gesteckt werden. Die inneren Werte des dritten Albums von Ai Phoenix aus dem norwegischen Bergen sind zum Glück weit besser ausgefallen. Wenngleich es natürlich wenig Neues zu hören gibt.
Wie auch schon auf „Lean That Way Forever“ werden in aller Sanftheit die vielen Zwisdienräume menschlicher Dramen und Sehnsüchte beleuchtet. Die Ingredienzien: eine Pedal-Steel, eine Orgel, Schlagwerk und Gitarren. Der mehrstimmige, bisweilen arg brüchige und alles andere als perfekte Gesang. Das schluffige Tempo der überwiegend ordentlichen Kompositionen. Die Mundharmonika in „The Last Resort“. Die charmante Niedlichkeit des Unfertigen, die hier allerdings auch ihre deutlichen Grenzen erfahrt.
Aber fangen wir mal an. Das ganz hübsche „A Country Life In The Autum“ lebt von einem Bass-Saxofon und einer rumpelnden Melodie, weniger aber vom irgendwie arg zusammengeschusterten Text Oberhaupt die Lyrik. „It’s wind outside/ I try to sleep/ It’s dark and almost frost/ The wind gets worse/ I hear things move.“ Jörg Kachelmann kann so etwas auch schreiben. Der dazugehörige Song heißt „Small, Red, Heartshaped Pillow“ und beherbergt eine dem beschriebenen Wetter angemessene Jahrmarktromantik. „Melt our hearts forever“, singt Mona Mork im letzten Song und hört sich dabei tatsächlich wie eine mürrische, überaus eigensinnige und dennoch herzensgute Hauskatze an.
„I’ve Been Gone – Letter One“ ist wirklich eine hübsche Ansammlung kleinerer Betrachtungen über die täglichen Kämpfe mit sich selbst und anderen. Aber, ihr Lieben, macht in Zukunft beim Singen doch mal den Mund etwas weiter auf, schlaft nicht ein beim Musizieren, stimmt die Instrumente etwas ordentlicher, kippt notfalls mehr als einen Schuss Rum in den Tee oder badet im erfrischend winterkalten Fjord. Und kommt dann unbedingt wieder, mit dem zweiten Brief.