Bruce Springsteen
The Essential And Rarities
Sony
Neben Klassikern eine Bonus-CD mit unveröffentlichten Songs
Das recht eigentliche Springsteen-Archiv samt Bootleg-Series wird im Auktionshaus Ebay verwaltet. Dort tat man kürzlich überrascht, als ein Konzertmitschnitt als nicht lizenziert entlarvt und umgehend entfernt wurde. Zugleich empfahl derselbe Laden schon wieder die nächsten Konzert-Bootlegs und „The River „-Masters. Sogar die Aufnahmen für „Nebraska“ kann man hin und wieder kaufen, wenn man genügend Geld hat. Neulich bot mir ein Hehler eine Goldene Schallplatte von Springsteen an – allerdings keine echte, konzedierte er. Und nie werde ich den mitleidigen Blick des bärtigen Rockers bei der Liquidation eines Plattengeschäfts vergessen, als ich ihm für das Bootleg „Great White Hope“ einen Zwanziger anbot – das war alles, was der Dreizehnjährige in der Tasche hatte.
Man kann leider nicht sagen, dass Jon Landau mit seinen „Tracks“ und nun mit CD 3 von „The Essential“alle kleinen Bruce-Bewunderer rächt. Nicht nur das Springsteen-Fachblatt „Backstreets“ nennt bei jedem der zwölf jetzt verfügbaren Songs einen anderen, der dringlicher der Veröffentlichung bedurft hätte. Das sicher beachtliche, aber kraftmeierische „Trapped“ hörten wir 1985 auf der „We Are The World“-Platte. „Dead Man Walking“ stammt vom Soundtrack des Tim-Robbins-Films, „Held Up Without A Gun“ war die B-Seite von „Hungry Heart“ und ist leicht mit „You Can Look (But You Better Not Touch)“ aus derselben Periode zu verwechseln.
Aber schon ein einziger Song lohnt die Anschaffung, wie man beim „Mediamarkt“ so sagt: „None But The Brave“, ein tearjerker in der Tradition von „Independence Day“ mit Melodie und Sentiment von „I Wanna Marry You“, am Ende ein Clemons-Solo. Das Lied stammt aus den „Born In The U.S.A.“-Sessions, weist aber zurück auf „The River“. Großartig auch „Missing“, ein perkussiver und mit Electronica und schneidender Gitarre unterfiitterter Song aus Sean Penns Film „Crossing Guard“, der nirgendwo in Springsteens Werk passt, aber viel gelungener ist als das vergleichbare „The Fuse“. Am sensationellsten indes ist die akustische Fassung des triumphalen „Countin‘ On A Miracle“, eine karge, fiebrige Country-Blues-Version. Wunderbar auch die mit Kopfstimme gesungene Ballade „Lift Me Up“ im Stil von „Streets Of Philadelphia“, Beitrag zu dem Film „Limbo“ (?) von 1999. „County Fair“ ist die typische Downhome-Story mit Provinz-Personal, Dorf-Rummel und „little girl with the long blonde hair“. „Early eighties“ heißt es dazu. „Code Of Silence“ ist ein mit Joe Grushecky geschriebener, sehr lauter Rocker. Und „The Big Payback“ war die B-Seite von „Open All Night“, ein kleines Stück, das nicht ganz an die Songs von Nebraska „heranreicht.
Nur der Allerweltsweisheits-Brecher „From Small Things (Big Things Will Come)“, mal von Dave Edmunds aufgenommen, und eine Live-Version von „Viva Las Vegas“ wären nicht nötig gewesen. Wie auch die angeblich essenzielle Auswahl auf den beiden anderen CDs, die nicht diskutabel, sondern bloß peinlich ist. „New York City Serenade“ fehlt ebenso wie „Incident On 57th Street“, am Ende gibt es zwei epische Live-Versionen von „American Skin“ und „Land Of Hope and Dreams“ ach, genug.‘ Wenn der Trommler wieder bis drei zählt, werden wir stets da sein.