Isobel Campbell – Amorino :: Snowstorm
Im Angesicht der zarten, bienenhonigsüßen Isobel denke ich ungern an Vulgaritäten. Aber als ich zum ersten Mai hörte, wie das Spinett im Song „Amorino“ einsetzt, kam’s mir in den Kopf: Softporno-Soundtrack. Wie Lady Chatterley luftdurchlässig gekleidet in den Park geht und dem jungen, muskulösen Gärtner begegnet. Der Witz ist: Kurz darauf tritt der Gärtner wirklich auf. Er rezitiert mit tiefer Stimme etwas auf Französisch.
Die Kuschelsexfilmer mochten früher doch den Pop-Jazz am liebsten, der sanft auf und ab gleitet, lateinamerikanische Exotik an die Decke pinselt, mit Flöten- und Trompetenblasen ein bisschen Tragödien-Pathos macht. Ganz zufällig nimmt Isobel aus Glasgow die gleiche Musik für ihre berüchtigte Blümchen-Szenerie, meint damit freilich Astrud Gilberto, Burt Bacharadi, Petula Gark. Sie habe alle Instrumente gespielt, steht im Booklet, mit folgenden Ausnahmen: dann eine Liste mit 59 Musikern, Orchester (25 Leute) und Dixieland-Band (5) mitgerechnet.
Die Ex-Freunde von der Ex-Band Belle & Sebastian sind anders als bei Isobels zwei Solo-Alben unter dem Namen The Gentle Waves – nicht dabei, wahrscheinlich nie mehr. So gelingt es ihr mit 26 Jahren endlich, die Schülerinnenhaftigkeit zu vollenden, wegen der die Feinde sie schon lange wie ein Insekt zerdrücken wollen. Das Cover ist voller Bienlein und Käferchen, aber beim nächsten Mal sollte sie noch die Songtexte in lila Tinte aufschreiben, mit Bommeln als I-Punkte. Weil man davon ausgehen muss, dass sie ein Hirn hat, ist das wohl bereits Selbstparodie.
Ein Rätsel, warum „Amorino“ so schwer zu ertragen ist, obwohl viele rechtschaffene Musiker hier ihre besten Bossa-Nova- und Barfuß-Beattanz-Imitationen spielen. „There Is No Greater Gold“ ist ein gutes Beispiel: Offenbar schämt sich der stolze Song richtig dafür, wie er durch den undynamischen, verklemmten Flüster-Gesang seiner Verfasserin von der zweiten Strophe abwärts sterilisiert wird. Bei „Time Is Just The Same“ singt wenigstens Eugene Kelly von den Vaselines mit, es gibt auch Instrumentals. Man kann Isobel Campbell nur dazu motivieren, den Mund gleich ganz zu halten. Sind ja eh nur wenige Millimeter.