Marshall Crenshaw – What’s In The Bag? :: Razor & Tie
Das letzte Studioalbum, „# 447“ von 1999, deutete es an, „What’s In The Bag“ führt nun den gern gehörten Beweis: Marshall Crenshaw ist wieder da. Er hat zurückgefunden zu alter Meisterschaft, dabei ist der inzwischen 50-Jährige alles andere als nostalgisch. Natürlich weiß er, dass die Zeiten für angejahrte Buddy-Holly-Wiedergänger schlechte sind. Die Tage der Big-Budget-Produktionen sind ebenso vorbei wie die, in denen Crenshaw die Option auf „the next big thing“ hielt. Damals, zu Beginn der 80er Jahre, war er mit den ersten Alben zum Kritikerliebling geworden – Schnee von vorvorgestern.
Seit Jahren veröffentlicht der Brillenträger mit dem Pepitahütchen nun auf dem klitzekleinen Razor 8t Tie-Label, da lassen sie ihn wenigstens machen. Er backt kleine Brötchen – das allerdings mit großen Songs. Die Grundierung von „What sin The Bag?“ ist dunkel ausgefallen, das Klangbild eher sepiafarben denn schrillbunt. Und die Songs handeln vom schwierigen Gang durch die Lebensmitte, von lautlos gestorbener Liebe (das lakonische „The Spell Is Broken“), und sie vermitteln so etwas wie versöhnliche Milde („A Few Thousand Days Ago“), aber auch gelassene Liebesfreude, besonders schön im fidelen Prince-Cover „Take Me With U“, das an den hemdsärmeligen Homie-Folkrock des frühen Mellencamp erinnert.
Kein Vergleich also zu den charmanten Preziosen in Sachen „boy meets girl“, die Crenshaw auf den frühen, bis heute umwerfenden Alben bot. Warum auch? Lieber zweifelt er in „Will We Ever“ zu den Klängen einer müden Pedal Steel im schleppenden Dreivierteltakt an der Liebsten und sich selbst. Oder entdeckt im gespenstisch shuffelnden Instrumental „Despite The Sun“ die Gitarre wieder – sein so melodischer wie karger Stil kann sich immer noch hören lassen.