The Darkness

Hier haben vier Männer vor dem Losspielen erst einige Lungenzüge aus den eigenen Achselhöhlen genommen. Jedem Power-Riff hört man die sehnige Gitarrenhand mit dem drüberlappenden Knöchelkettchen an, den Schnauzbart des Bassisten, die männlichen Venushügel, die oben aus tiefsitzenden Goldlamé- oder Leopardenhosen herausgucken. Dem Sänger wird bei jedem hochgezogenen Ton der Hals immer länger, bis er sich als flatternder Eunuch empört: „Get your hands off my woman, motherfucker!“ Das ist lustig. The Darkness aus dem englischen Suffolk sind mit ihrer Queen-Aerosmith-Guns N’Roses-Kostümshow erfolglos in ländlichen Pubs aufgetreten, bis sie in London spielen durften und dort in kurzer Zeit volle Hallen, Plattenvertrag und die Nummer eins der britischen Charts erreichten. Heavy Metal im Stadium der Post-Parodie: Der „Spinal Tap“-Film. die Komödianten und Ozzy Osbourne selbst haben so ausführlich gespottet, dass Bands wie The Darkness, The Datsuns, Turbonegro oder Manowar jetzt wieder echten Erfolg haben können und auch von Leuten gehört werden, die sich früher nur geekelt hätten. The Darkness füllen den leeren Raum zwischen den Rock’n’Roll-Klischees (die sie ganz bewusst anwenden) mit der ernsten oder gut gespielten Leidenschaft, die den Parodien fehlt.

Und The Darkness sind schlau, nehmen nur das Beste, das in dem engen Rahmen zur Verfügung steht. Das gefällige Headbanging-Tempo in „Love On The Rocks With No Ice“. den „Brown Sugar“-Boogie im Heroin-Kinderlied „Givin‘ Up“ und in „Friday Night“, wo dem bewundernswerten Axl-Mercury-Mann Justin Hawkins („Ne-ne-ne-nene-ne!“) eine scheinbar unbeabsichtigte Sauerei nach der anderen aus dem Mund spritzt – eine von Bouzoukis begleitete Feuerzeug-Ballade stellt dann achselzuckend fest: „Love is only a feeling drifting away!“ Noch ein Grund, warum einem diese ungebremst stumpfe Platte auch Tränen der Rührung in die Augen treiben kann: Sie feiert eine Unschuld, die der Metal (spätestens seit Aids) für immer verloren hat.