Chicks On Speed – 99 Cent
Die Fans von Bruce Springsteen und den Rolling Stones müssen diese Kritik nicht unbedingt lesen, denn es geht hier um drei Frauen, die sich ihre Stücke von anderen Musikern schreiben und einspielen lassen. Zumindest war das früher so. Doch egal, ob die Chicks On Speed inzwischen die richtigen Chicks On Speed 99 Cent Tasten auf dem Keyboard treffen oder nicht „99 Cent“ ist großartiger, bewusstseinserweiternder Pop! Grell! Bunt! Sexy! Musik für die Fans von Peaches, Le Tigre und Miss Kittin, die hier als Gäste mitwirken. Gemeinsam mit Ex-Talking Head Tina Weyrnoudi singen sie den alten Tom-Tom Club-Klassiker „Wordy Rappinghood“ noch mal. Das passt so gut, dass man ihnen die große Nähe zum Original verzeiht.
Doch diese Chicks on Speed wären ja nicht die ehemaligen Kunststudentinnen, die sie sind, hätten sie nicht verschiedene Lesarten und Bedeutungsebenen in ihr drittes Album eingebaut Das soll uns hier jedoch nur bedingt interessieren, denn für den ganz großen Quatsch sind schließlich die Feuilletons zuständig. Sollen die doch die Frage entscheiden, ob man künstlerischen Ausverkauf vermeiden kann, indem man sich sagt: „Tu es selbst, bevor es die anderen mit dir tun.“ Karl Lagerfeld jedenfalls war schnell genug und durfte ein paar Modefotos machen. Die landeten als Zweitverwertung auf dem Cover der Chicks on Speed-Single „Fashion Rules“ – ein ziemlich geiler Electro-Stampfer mit prima Geschrei und der revolutionären Botschaft, sich bloß nicht von der Mode verrückt machen zu lassen. Soll doch jeder bleiben, wie er gerne wäre.
Aber keine Angst: Die reichlich vorhandene Attitüde der Wahl-Berline- rinnen ist nie aufgesetzt – aber auch nicht gar so konsumkritisch, wie uns das Info weismachen will.
Ein Sack voller Zitate zwischen Elektro, New Wave und Pop – bei der musikalischen Umsetzung halfen wieder die Wiener Gerhard Potuznik und Ramon Bauer sowie der Berliner Glove. Mag sein, dass sie alle Instrumente gespielt haben, aber letztlich sind diese Männer doch nur Marionetten, gefangen im Netz der Chicks. Oder?