Rickie Lee Jones
The Evening Of My Best Day
V2
Protestmusik muss sie noch üben, aber der Rest ist so edel wie eigen
Müssen wir George W. Bush gar noch dankbar sein? Immerhin hat der US-Präsident mit seinem Paranoia-Patriotismus sogar Rickie Lee Jones aus der kreativen Reserve gelockt, die sich in den letzten sechs Jahren mit einer Cover-Sammlung („It’s Ltke This“) und einem Live-Album (,Jt Red Rocks“) beschied und ansonsten ganz dem Gedeihen von Garten und Tochter widmete. Jetzt bringt sie – mit einem Verweis auf Woody Guthrie – doch tatsächlich das Wort, „Protestmusik“ über die Lippen, schreckt auf ihrer Website nicht vor rotem Stern und Che-Konterfeit zurück und fleht uns in Gospel-Manier an, doch bitte weiter zu erzählen, wie (bös) es stehe in den US of A nach dem Patriots Act.
Verblüfft registriert man, dass die einmalig-einnehmende Stimme wohl nie mit ihrer Gastgeberin altern wird, aber auch, dass ihr nun mal die Schärfe und Schnoddrigkeit für klassischen Protest abgehen. Wie auch die Erdung für sanft-gefunkte Black Power-Referenzen („Bitchenostrophy“). Lieber hört man die Jones doch, wenn sie den Blues plötzlich lieblich hintenüber kippen lässt (»Mink Coat At The Bus Stop“). Mit verschwörerischem Unterton „Little Mysteries“ ausgräbt. Sich in rustikaler Dobro-Atmosphäre um einen „Lap Dog“ sorgt. Sich auf See träumt („Sailor Song“). Oder mit „It Takes „ibu There“ das Maximum ihrer Pop-Gefühle taxiert. Muss erwähnt werden, dass diese Musik so edel wie eigen daherkommt?
Ach ja, und einen Song für George hat die neue Rickie Lee auf dem Protest-Pfad natürlich auch noch geschrieben, gleich zu Anfang: „Ugly Man“. Ein vernichtendes Urteil, zumal aus diesem Munde, so galant gefällt wie hier. Möglicherweise muss die Geschichte des Protest-Songs nach „The Evening Of My Best Day“ ja doch umgeschrieben werden.