Beyoncé – Dangerously In Love :: Columbia/Sony

Keiner außer ihren Hausangestellten traut der 21-jährigen Beyoncé Knowles zu, dass sie mit der Solo-Platte mehr vollbringen könnte, als sie oft zu verkaufen. Was sicher an dem bekannten Volksmärchen liegt, in dem sie eine Hauptrolle spielt: das Märchen von Mathew Knowles, der die Tochter an den Sternenhimmel heben wollte und dafür viele unschuldige Mädchen beugte. Wenn eine von Destiny’s Child nicht mithalf, ließ er sie entfernen und schloss mit ihren Anwälten einen vergleich. Die Idee mit den Soloalben: Michelle Williams und Kelly Rowland wurden vorgeschickt, damit Beyoncé genug Zeit hatte, um Filmstar zu werden. Nun durfte sie die erste Destiny’s Child-Platte machen, bei der niemand ersetzbar ist.

Vielleicht ist das sogar die Wahrheit. Als verstecktes Blümchen am Ende der CD kommt ja die Ballade, in der Beyoncé ihren Papa preist und dabei ganz hibbelig wird. Aber dieses Vaterunser muss sie so oder so beten, irgendjemand muss ihr die Sünden vergeben, die sie vorher begangen hat. Unter Aufsicht.

Vorher hat sie gesungen; „Baby boy, you stay on my mind, fulfill my fantasy!“ Sie spuckt es Gaststar Sean Paul auf den Kopf, klingt betörend übellaunig und singt mit seitlich hochgezogener Lippe, die man ihrer Stimme gut anhören kann, wenn Beyoncé in guter Form ist dann macht sie auch den Cher-Vocoder-Effekt ohne technische Hilfsmittel nach. „Baby Boy“ ist ein Ragga mit asiatischer Laute und eines der sechs abgemagerten, boxkräftigen Digital-Funk-Stücke, die am Anfang in einer Reihe stehen. Sie steckt ihre Singpartner in die Arschtasche und zitiert den unmodischen Soul-Liedermacher Shuggie Otis.

Sicher will Beyoncé nicht werden, was ihr Alter ist. Sie will aber auch kein Miststück sein, was sie leider so prima macht, sondern Whitney Houston oder eine andere, die mal die Nationalhymne singen darf. Die zweite Hälfte des Albums gibt einen Geschmack davon, da knödelt sie mit Missy Elliott über Sternzeichen, lässt die Lippe unten und wird plötzlich sehr uninteressant. Im Clinch mit der schnarzelnden Gitarre der Neptunes im hoch brisanten „Work It Out“ erinnert sie noch daran, wie schnell sie die eigenen Fehler (und die des Vaters!) vergessen machen kann. Lebenspartner Jay-Z fragt am Anfang von „Bonnie & Clyde ’03“ rührend: „Ready, B.?“ Genau, wir müssen lernen, Beyoncé als Charakter wahrzunehmen.

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