The Durutti Column – Someone Else s Party :: Universal
Diese Gitarre hat die Statur eines Rehleins, aber er ist meilenweit auf ihr geritten. Wer sich an Vini Reillys Durutti Column erinnert, ist nicht notwendigerweise schlau, sondern nur glücklich zu schätzen – dabei ist Reilly die ganze Zeit bei uns gewesen, ohne Pause.
Der Junge mit der Blueboy-Frisur aus Manchester, der die Stratocaster-Gitarre wie eine Laute spielte, den New Wavern zur Entspannung, der 1980 sein Debüt aus neun einsamen Improvisationen „The Return Of The Durutti Cohimn“ nannte (nach einem situationistischen Comic Strip), der Schmirgelpapier und Matisse-Bilder auf seine Cover klebte, Morrisseys erstes Soloalbum dirigierte, Bandfreundc an Simply Red verlor, so viele Platten machte, dass selbst die Japaner kaum mitkamen, aber nie öffentliche Licht messen bekam wie die „Factory“-Labelmates Happy Mondays und New Order.
Mit knapp 50 macht Vini Reilly als uneitler Virtuose weiter New-Age-Musik für Indie-Popper. Sein neues Album hat den großen Vorteil, dass man es ohne Import-Zoll kaufen kann, und es klingt genauso brillant und hermetisch (und langweilig, fand Diedrich Diederichsen) wie seine besten Achtziger-Werke. Er singt dieses Mal viel, jenseitig und in der Sprech-Tonlage von Spiritualizeds Jason Pierce. Aber wo die Stimme auch hinkommt, die Gitarre ist immer schon da: Wenn Reilly einen guten Griff hat. zupft er ihn mit Fingernägeln, bis man die Membran des Verstärkers anschlagen hört, immer wieder und wieder, weiter vervielfacht durchs Echogerät, das draußen in der Nacht hockt und nie schläft Die Emphase treibt ihn durch ungelenke Soli und spanischen Kitsch, und läuft die Drummaschi- ne dazu (programmiert von Laurie Laptop, sicher ein Pseudonym von Jarvis Cocker oder so), wirkt es, als habe er gerade erst die elektronische Musik entdeckt, als sei da kein Fortschritt passiert „Someone Else ’s Party“ ist ein einziger, fünffingriger, hallender Akkord.
Improvisationen sind immer ein Stück weit beliebig – aber Reilly ist hier kein Tbn egal, kein splitternd lauter, kein vögelchenhaft leiser. Nur vier der 14 Stücke gehen über fünf Minuten, punkiger wird solche Musik nicht, und in „Spanish Lament“ spielt er zu einem Sample aus David Lynchs „Mulholland Drive“, begleitet die gespenstische Sängerin. Für sowas braucht man Fantasie.