Seeed – Music Monks :: EastWest
Unser Reporter, der im Herbst 2001 für einen Großbericht durch die Berliner Musikszene tapste, muss blind gewesen sein, denn er erwähnte Seeed nicht – Seeed, die Reggae-HipHop-Brigade, die eigentlich erst das B in Berlin gesetzt hat („Dickes B oben an der Spree, im Sommer tust du gut und im Winter tut’s weh“) und sich oft so anhört, als ob alle elf Mitglieder mit ausgebreiteten Beinen langsam die Straße runter auf einen zuschreiten. Gott, das kann man doch nicht übersehen.
Am besten verwahrt ist Seeeds zweites Album „Music Monks“ eh in den Kassettenklappen schöner großer Ghettoblastet Mit dieser Platte kann man durchaus aufschneiden in zopfhaarigen Clicjuen, wo es wichtig ist, dass sich nichts als fake erweist und dass ein in Deutschland produzierter Riddim zwischen Stücken von Dennis Brown und Buju Banton keinen allzu großen Qualitätsabfall bringt. Sie wollen – ganz entgegen ihrer schwerstiefeligen attitude – nicht negativ auffallen, kopieren die Rocksteady-Bläsersätze, Dancehall-Breaks und Dub-Tricks bis in die Details des Frequenzgangs. Das ist Kunsthandwerk und das grundlegend Spannungsarme an Seeed, der Sam Ragga Band und den anderen, und da kommen sie nie raus.
Die Texte bringen eher wenig (entweder englisch oder Brüder-Schwester-Verse wie „Der eine braucht nur sein Tee Vee, wir brauchen die family“), aber wenn man ins Detail schaut und „Music Monks“ wie eine Pop-Platte hört (oder gar wie echte Kunst), findet man hübsche Sachen, ein Delta-Blues-Sample, eine türkische Laute, gut gescratchtes Menschenstöhnen, bei „Love Is The Queen“ einen zum Neidischwerden schönen Refrain. Von der Stadt Berlin hört man übrigens nichts auf der Platte. Berlin macht wenig Geräusche zurzeit.