Blackmail – Friend Or Foe? :: WEA
Bei Blackmail gibt es fast alles im Überfluss, bloß eins nicht: Lässigkeit Sieben Monate haben sich sich für „Friend Or Foe?“ gequält, aus 23 Songs schließlich elf herausgefiltert, die selbst produziert. Blackmail sind wahrscheinlich verrückt, aber genau deshalb sind sie auch so interessant. Sie brennen die Kerzen von beiden Enden ab.
Dabei können die Koblenzer auch einfachen Rock. „On The Tight Rope“ oder die erste Single, „It Could Be Yours“ sind dank unwiderstehlicher Riffe und Melodien sofort Ohrwürmer. Aber gerade wenn man denkt, man weiß, was einen erwartet, legen Blackmail immer noch eine Schicht drauf, bauen eine komische Schleife einen oder einen undefinierbaren Sound.
Die Nebenprojekte, mit denen sich die Musiker seit dem letzten, auch schon erstaunlichen Album „Bliss, Phase“ beschäftigt haben, waren offensichtlich gut fürs Gemeinwohl: Was weder Scumbucket noch Ken schafften, gelingt bei der geballten Kraft von Blackmail nun endlich: Die Band hat ihren eigenen Weg gefunden, Sänger Aydo Abay und Gitarrist Kurt Ebelhäuser ergänzen sich perfekt. Alles wirkt sehr durchdacht, ungeheuer ausgetüftelt, aber gar nicht kaltherzig. Das muss viel Mühe gekostet haben, aber es klingt nicht so. Es passt nur wunderbar in diese Welt: verwirrt und verwirrend, abstoßend und schön, niemals unkompliziert. Bestes Beispiel: Bei „Nobody’s Home“ sagt erst ein kleines Kind mit unschuldiger, ängstlicher Stimme: „Hallo, hallo?“. Dann bricht die Feedback- und Trommel-Hölle los, undefinierbares Geschrei folgt – Death Metal auf LSD. Nach zweieinhalb Minuten ist der Spuk vorbei. Man kann gerade einmal durchatmen, dann folgt „Dive“, ein erstklassiger Gitarrenpop-Song. Diese Band macht einen fertig.
Da ist es nur konsequent, dass am Ende der Track „Foe“ (oder heißt er nun, Friend“?) steht ein fast zehnminütiger Angriff auf die Ohren, bei dem alles drin ist: schwärmerischer Gesang, Monstergitarren, Wahnsinns-Drive. Was lange währt, wird endlich groß.
So sind Blackmail am Ende hart genug, um auf Festivals all den fehlgeleiteten Guano Apes-Fans zu zeigen, was möglich ist, und klug genug, dass sie sich von Indie-Intellektuellen nicht auslachen lassen müssen. Vom missglückten Jesus-Cover also nicht abschrecken lassen – die Band könnte tatsächlich noch die deutsche Rockmusik retten.