The Pretenders :: Loose Screw
Chrissie Hyndes Stimme rettet die 9. LP ihrer verdienten Combo
Für ein langes halbes Jahr waren die Pretenders die Speerspitze des Pop, der Kristallisationskern, der leuchtende Pfad. Das war 1979, und der Anlass für den Überschwang unter Kennern waren zwei Singles: „Stop Your Sobbing“ und „Kid“. Machten glücklich. Dann kamen Hit und Album, „Brass In Pocket“ und „The Pretenders“, famose Platten nur, keine fulminanten. Der Buzz verflüchtigte sich, die Pretenders etablierten sich in den Charts, es wurde viel gestorben, die Sängerin entwickelte sich zu einer der wenigen ernstzunehmenden Persönlichkeiten im Rockzirkus, die Musik ihrer Band wurde gewöhnlicher, gewöhnlich gar.
Worunter auch „Loose Screw“ leidet Zuviel pseudomodernes Sound-Einerlei. Nehmen wir die reggaefizierte Ballade „Nothing Breakes Like A Heart“. Feiner Song, Hyndes Stimmbänder als haltbarer Kitt in den Fugen zwischen traurigem Text und frohgemuter Melodie. Und dann diese scheußlichen Syndrums, die klingen wie Strahlenpistolen in „Star Wars“. An Drummer Martin Chambers, von Anfang an dabei und im Herzen ein Rock’n’Roller, kann das nicht liegen. Da hat jemand aus Langeweile und Unverstand die Effektknöpfchen am Mischpult ausprobiert,J Should Of (heißt so!?) beginnt mit einem lyrischen Streicherquartett, bevor der Track bumsig seine Bahn zieht, Chrissie „Oh fuck! I really miss you“ barmt, und gen Ende die Strings wieder angepappt werden. Homogen wirkt das nicht Es gibt indes auch wohlgeratene Tracks. Die meisten Uptempo-Nummern wissen einzunehmen, nicht überfallartig, aber doch schon nach dem dritten Hören. Der rasante Opener „Lie To Me“ setzt sich unmittelbar fest, verabschiedet sich aber so abrupt wie willkürlich. Adam Seymour greift gern ins Gitarrenton-Reservoir vergangener Epochen, überrascht mit Jangle, Tremolo, Fuzz und Twang, leider stets vollintegriert im Mix, nie wild oder sonstwie exponiert. Einzige Coverversion ist „Walk Like A Panther“, im Original von The All Seeing I und ein ideales Vehikel für Chrissie Hyndes glasklare und doch vieldeutige Stimme. „The Standards have fallen“, urteilt sie bitter, „my value has dropped.“ Nicht auf die Pretenders bezogen natürlich, sondern auf den Geliebten, der einer jungen Schlampe auf den Leim geht. „It’s not good, it’s not bad“, resümiert sie, die Affaire ad acta legend. „It’s quite good, not half bad“, resümieren wir, das Album noch mal auflegend.