Tricky – Vulnerable :: Anti/SPV
Trickys letztes Album, „Blowback“ (2001), war ein Kehraus. Nach all den Jahren der Depression und des inneren Ungleichgewichts hatte Adrian Thaws mit der Nahrung auch gleich die Gesinnung umgestellt, und die Musik sollte das dokumentieren. Heraus kammit viel prominenter Unterstützung – ein seltsames, nicht uninteressantes Werk zwischen Pop und TripHop, Atmosphäre und Misere, und da war dann viel die Rede von einem Werk des Übergangs.
„Vulnerabk“, entstanden in bloß ein paar Wochen in Trickys Wahlheimat Los Angeles, nimmt diesen Faden nur begrenzt auf. Zwar spricht der nun nicht mehr ganz so trübe Tricky von Pop und entblößten Gefühlen, aber die klaren Formen von „Blowback“ verwischen wieder – wenn auch gewiss nicht so wie bei der einst in Bristol entwickelten Tontristesse.
Wie schon während der „Maxinquaye“-Ära, bat sich Tricky anstatt der Prominenten eine bis hier unbekannte Sängerin an die Seite: Die junge Italienerin Costanza Francavilla klingt mit ihrem mediteranen, zart-verführerischen Stimmchen neben dem gewohnt finster raunenden Tricky wie die Schöne neben dem Biest, und die erstaunlich intime Spannung zwischen Mann und Muse bestimmt zu weiten Teilen das emotionale Fundament von „Vulnerable“. Besonders deutlich wird das bei dem orchestral schwebenden „My Mermaid“ oder dem fast ikonisch kitschigen „Car Crash“, auch beim Dancehall-Drama „Stay“. Da trällert eine liebliche Melodie über zerfahrenen Beats, und nur das lange Crescendo eines düster gefärbten Streichersatzes macht klar, dass das Unheil bei aller Leichtigkeit längst im Haus ist.
Wenn Tricky nun also viel Altes fahren lässt, dann ist das Risiko nicht klein. Jenseits des gnädigen Moments, der Bristol vor ein paar Jahren widerfuhr, bleibt ihm kaum ein Pfund zum Wuchern, und noch ist da viel Ratlosigkeit in den oft punktlosen Klangexpertisen aus schlichten Beat-Szenarien, Pop und zitathaften Metal-Riffs -eine Ratlosigkeit, der auch die neuen Versionen von XTCs „Dear God“ und The Cures „Love Cats“ nicht abhelfen können.