Tomte :: Hinter all diesen Fenstern
Klarsichtige, schillernde Lieder über die Zeit, die uns noch bleibt
Man hat den Tomte-Sänger Thees Uhlmann ungefähr so belächelt, als hätte er spätnachts mal wieder besoffen vor irgendeinem Hamburger Club gestanden und wildfremden Menschen sein Leben erzählt. Ja, Ja, dein Label. Man hat sich verschätzt: Das „Grand Hotel van Cleef‘, in dem die Schreibplatten wahrscheinlich auf Bierkisten stehen, hat mit der Band Kettcar immerhin 12 000 Platten verkauft. Das dritte Tomte-Album kommt nun hinterher, und warum es das Beste, Wahrhaftigste, Klarsichtigste ist, was dieser Tage in Deutschland herumliegt, wird im Folgenden erklärt.
Fallen wir gleich mal mit der Tür ins Haus: „Hinter all diesen Fenstern“ ist eine Platte über das Hadern mit dem Leben, übers Weitermachen und über die Zeit, die uns noch bleibt geworden, das reicht ja eigentlich schon. Sie macht aber auch mit jedem klugen Satz klar, warum Grönemeyer super, Westernhagen dagegen scheiße ist Sie klingt nicht mehr nach Indie-Rock, eher nach der letzten Tocotronic („Neulich als ich dachte“) oder Travis ohne Fran Healys schlichtes „Time exists / But just on your wrist“-Gereimsel.
Für Uhlmann gibt es Wichtigeres, er singt über die Freundschaft zu seinen Hund: „Endlich einmal etwas das länger als vier Jahre hält“. Von nackter Angst getriebene, schillernde Stücke finden wir auf „Hinter all diesen Fenstern“, die Texte manchmal so weise, als wären sie auf dem Sterbebett verfasst worden, vom Mann, der das Leben liebte. „Du wirst verstehen, warum ich nicht in der Lage war, Versprechen zu leben / Versprechen zu geben, durchzuhalten, dir eine Hilfe zu sein / Und deswegen hier für dich das einzige, was ich wirklich kann.“ („Das war ich“). Soll doch Rene Weller auf seinen Grabstein schreiben lassen, was er will.