Zwan – Mary Star Of The Sea :: WEA
Napoleon Rock ist zurückgekehrt. Hatten sich seine Legionen vor zwei Jahren bedenklich gelichtet und ihn zur Kapitulation mit den Smashing Pumpkins gezwungen, so sammelt er bei der neuerlichen Attacke auf das Pantheon der zeitgenössichen Rockmusik immer mehr Truppen. Dieselben Kritiker, die schon „Adore“ nicht mochten und bei „Machina“ verlegen schwiegen, schließen sich nun Billy Corgans zweitem Großversuch an.
Könnte auch an den superglaubwürdigen, superintegren Indie-Musikern David Pajo und Matt Sweeney liegen, die bereits durch die Schule eines anderen sanften Diktators gingen: Sie spielten zuletzt auf Will Oldhams „£ase Down The Road“. Und ähnlich lässig paddelt auch Zwan um die Ecke: Einen guten Teil Ballast und Bombast hat Corgan abgeworfen, jede Menge Melodien addiert, seine Liebe zu den Siebzigern und flirrenden Gitarrensoli ausgebaut und den Pumpkins-Schlagzeuger Jimmy Chamberlin behalten. Der brilliere in dem immer noch erstaunlichen Chaos in besonderer Weise, teilt mir Joachim Hentschel von nebenan mit Aber statt zu leerem Donner von Corgan zu trommeln, treibt er nun wieder scharfgeladene Songs voran.
Natürlich: Manches hätte auf „Mellon Collie“, manches auf „Adore“ gepasst. Corgans Gesang, der ja den Charme eines Pitbull-Welpen mit den bitteren Zähren eines trotzigen Fünfjährigen verbindet, ist weiter in den Hintergrund gemischt, aber „Declarations Of Faith“ oder „Honestly“ sind doch wieder die alten Turboliebesschwüre in einer Welt ohne Mitleid. Und „Mary Star Of The Sea“, wohl Name einer schnittigen Yacht, vielleicht eines prächtigen Kreuzfahrtschiffes, ist schließlich doch wieder das Segelboot der russischen Kapitänin Ava, die Corgan auf „Adore“ angebetet und verewigt hatte. „Ride A Black Swan“ erinnert an den seligen Marc Bolan, nur dass Corgans Schwan auf keinen Fall ein gewöhnlicher sein darf.
Sonst ist viel Sonne, Herz, Sehnsucht und – ein bisschen stupid – „Baby Let’s Rock!“ und „Yeah!“, Billy ist wieder verliebt, und alle Gitarren jubilieren. Im wahrlich heißen „Endless Summer“ ist alles entrückt, und im 14-minütigen „Jesus, I/Mary Star Of The Sea“ mit irrem Gitarren-Gegniedel hebt Napoleon verzückt ab.
Und wissen Sie was? Wieso nicht mit einem alten Knallkopf davonsegeln? Auf einem schwarzen Schwan. Leinen los!