Smokey Robinson – Ooo Baby Baby: The Anthology
52 essenzielle Aufnahmen des eleganten Motown-Songschreibers mit den Miracles
Frühe Live-Mitschnitte, bei denen die Miracles eine nicht weniger ekstatische Bühnenshow lieferten als die Stax/Volt-Kollegen, waren bis vor kurzem geheime Verschlusssache geblieben. Irgendwann hatte Motown-Vizechef Smokey Robinson offenbar beschlossen, daß diesem seinem Vokalensemble das Image einer mit perfekter Show-Choreografie brillierenden Truppe besser zu Gesicht stand als irgendwelche Gospel-Inbrunst.
„Deep Soul“ war nie sein Ding gewesen, nicht in seinen DooWop-Anfängen und auch später nie. Genau genommen war dieser workaholk bei den Kompositionen für seine eigene Gruppe wie für die Kollegen (Temptations, Mary Wells usw.) und den vielen anderen von ihm betreuten Produktionen immer auf der Suche nach dem perfekten Pop-Song. Ausgerechnet den Elvis-Fan John Lennon faszinierte das mehr als alles, was damals aus der jungen Südstaaten-Soul-Szene kam. Und Bob Dylan hielt das nicht davon ab, ihn allen Ernstes als Amerikas größten lebenden Poeten zu bezeichnen.
Was einen zumindest ein wenig ins Grübeln bringen kann bei jemandem, der mit Hits wie „Shop Around“ und „My Girl“, „Mickey’s Monkey“, „Come On Do The Jerk“ und „Going To A Go-Go“ berühmt wurde. Notabene: in der Rhythm & Blues-Hitparade der 60er Jahre genauso wie in der Pop-Hitparade. Single-Erfolg war für ihn das Maß der Dinge, die LPs wurden gemäß der gängigen Hits & Filler-Politik nachgereicht. Der erste Hit, der sein Image als großer Romantiker der Soul Music zementierte, war „You’ve Really Got A Hold On Me“, an dem sich bald darauf mit einigem Erfolg die Beatles versuchen sollten. „Ooh Baby Baby“ und „The Tracks Of My Tears“ – perfekt arrangierte Ballade die eine, einfach genial die zweite folgten demselben Schmusekurs. Und Aufnahmen wie „I Second That Emotion“ oder „The Tears Of A Clown“ waren immer Kandidaten, wenn wieder mal die hundert größten Singles aller Zeiten zur Diskussion standen.
Den komplettesten Überblick über das Schaffen des Sextetts – der sechste Miracle war all die Jahre Gitarrist Marv Tarplin, den Smokey clevererweise Diana Ross ausgespannt hatte, als er die mit ihrer Gruppe The Primettes (aka wenig später The Supremes) in Berry Gordys Firma unterbrachte – bot vor einigen Jahren „The 35th Anniversary Collection“. Die präsentierte die Aufnahmen zudem in den bis dahin bei weitem besten Überspielungen. In dem Punkt aber sticht die neue Doppel-CD das Box-Set glatt aus. Denn 16 der 52 Aufnahmen hier – darunter die von Evergreens wie „You’ve Really Got A Hold On Me“ und „Mickey’s Monkey“ – sind komplette Stereo-Remixes von den 3-Spur-Studiobändern. Lupenreines Ping-Pong-Stereo wohlgemerkt wie auch die meisten Miracles-Aufnahmen der späteren Sechziger. Dafür teils jetzt gar noch besser klingend! Nur die „Back to Mono“-Fraktion wird’s wohl nicht fassen.