Nicolai Dunger – Tranquil Isolation: Mit Will Oldham statt Jazz-Trio – Dunger schafft erhabene Lieder :: VIRGIN
Nicolai Dungers erstes Album hieß „Songs Hearing Clothes“ und tatsächlich waren die Songs so dick angezogen, dass sie kaum atmen konnten. Das sollte sich ändern, denn was folgte, war die Suche nach der musikalischen Essenz — man könnte es auch Wahrhaftigkeit nennen. Mit dem letztjährigen „Soul Rush“ schien er schließlich das Maximum an Intensität und Musikalität erreicht zu haben.
Um noch tiefer gehen zu können, musste Dunger naturgemäß die Virtuosität, hinter der sich einige seiner Songs hier noch versteckten, vermeiden. Daher ließ er die Jazzer vom Esbjörn Svensson Trio zu Hause und ging für sein nächstes Album in die „Tranquil Isolation“. Wo könnte man die besser finden als in den USA, dem Songschreiberland schlechthin, im Hause des amerikanischen Songschreibers und Eremiten schlechthin – also bei Will Oldham? „Last night I dreamt of Mississippi/ I never thought I’d catch you on that side“, wiederholt Dunger dann auch im secheinhalbminütigen Opener mantraartig. „Tranquil Isolation “ ist die reine Konzentration auf den Song mit den spartanischen Mitteln des Blues.
Dunger hat nicht die atemberaubende Professionalität eines Ron Sexsmith, der die Songperlen nur so aus dem Ärmel schütteln kann. Die Magie steckt in der Unmittelbarkeit dieser unverwechselbaren, mal quengelnden, mal schmeichelnden Stimme, des brüchigen Background- Gesangs von Will Oldham, der Geige von Jessica Billey und der sich langsam ineinandetdrehenden Gitarrenlinien, sowie den rustikalen Belehnungen skandinavischer und russischer (?) Folklore.
In dieser Atmosphäre entfalten sich in ihrer Simplizität erhabene Lieder wie „Me, Ray and JR“, „Ol‘ Lovers“ oder „Good Man“ besonders prächtig. Die jenseitige Piano-Ballade „Tribute To Tim Hardin“ aber bleibt unübertroffen.
Eine exklusive Reise ins Land des Songs (bei uns nur als Import zu bekommen) – für Pauschaltouristen gibt’s ja „Forty Licks“.