Norrin Radd – Monsters And Angels: Der Byrds-Epigone überrascht zwar nicht, überzeugt aber doch :: CALICO
Auf den Überraschungseffekt kann er nun nicht mehr bauen. Sie wissen schon: Ex-Lärmband-Musiker, der seine Gitarre lange frustriert in die Ecke gestellt hatte, lernt bei einem Gram-Parsons-Filmprojekt Sid Griffin und verschüttete Passionen kennen, packt die Rickenbacker aus und schreibt für sein Solodebüt „Where She Danced“ Songs, die selbst Roger McGuinn eine kleine Dejà-vu-Träne endockt haben sollen.
Personell, stilistisch, thematisch macht Norrin Radd alias Gandulf Hennig mit „Monsters And Angels“ im Prinzip da weiter, wo er vor 18 Monaten aufgehört hatte. Der Teufel steckt also im Detail. Da zum Beispiel, wo der generell sonst eher unterbelichtete Texas-Export Rosie Flores diesmal eine durchaus tragende Rolle spielen darf. Als Lead-Gitarristin, was insbesondere im Verbund mit dem wieder omnipräsenten Pedal Steeler Johan Jansen Tracks wie „A Shot Of Love“ und „One Day“ fürs „LokaT-Fach im führenden Plattenladen von Bakersfield qualifiziert Aber auch als Sängerin: „Falling“, ihr programmatisch betiteltes Duett mit Radd, gehört gewiss zu den Höhepunkten auf „Monsters And Angels“.
Im Kontrastprogramm ist der Wahl-Berliner aber auch für satte Byrds-Gedächtnis-Breitseiten mit entfesselter Hammond und Sitar-Einlage gut („Time In My Hands“). Andere Songs strecken das Spektrum in Richtung Petty-, Paisley- und Akustik-Country-Pop. Nur beim wuchtigen Finale „Out Of Mind“ wünscht man sich wirklich einen Sänger, der eben das auch wirklich verkörpern kann. Jedenfalls erhärtet „Monsters And Angels“ einmal mehr die These, das stil- und melodiesicheres Epigonentum dem verzweifelten Buhlen um Originalität vorzuziehen ist. Das Thema? Gewiss: Engel, die zum Monster mutieren. Oder das Monster in uns selbst wecken. Der arg plakativen Dialektik ringt Norrin Radd immerhin so viele Zwischentöne ab, dass sich gar der Kollege Donovan zu einer poetischen Hommage im Booklet animiert fühlte. Die so endet: „I too am blue, that Special blue when I listen to you.“ Da braucht’s keinen Überraschungseffekt mehr.