Low
Trust
ROUGHTRADE
Früher Minimalismus, heute die volle Gospel-Emphase
Viva, der Blues! Nicht der letzte. Der vorletzte. Man merkt kaum, wie die Zeit vergeht, aber die Uhr tickt bei Low aus Duluth. Dieses Mal kann man das sogar hören, im Stück „The Lamb“: In Wirklichkeit haut da einer auf einen Holzblock, aber es klingt wie ein riesiger Sekundenzeiger, der sehr langsam der dunklen Stunde entgegenläuft.
Dass Low „sehr langsam“ sind, wissen auch die, die sonst nichts über die Band und ihre sieben Platten wissen. Wichtig ist noch, dass zum Ticken im Song bald ein schweres Stampfen kommt: der Marsch zum Schlachtblock. „I am the lamb, I’m a dead man“, singt Alan Sparhawk zur gesplitterten Gitarre. Das blutige Opfer dient bekanntlich der Erlösung, wie die Rituale der Bluesmusik und des Gospel. Was am Eisblumen-Pop von Low früher mager und blass war, wird auch auf „Trust“ immer fülliger.
Manchmal spielen sie sogar, als ob sie kurz vor der Himmelstür stehen, mit Wandergitarre, Wirbeltrommel und Chor. Es dampft aus den Wolken, wie bei U2. Das sollte wirklich niemanden abschrecken, weil es natürlich die Ausnahme ist. An vielen Orten bleibt der ätherische Grusel, der die scheuen Duette von Sparhawk und Ehefrau Mimi Parker jeden Moment wegzuschwemmen droht. Man darf die besagte Langsamkeit bloß nicht als Ergebnis eines Bremsvorgangs missverstehen: Low bewegen mühsam die Stille voran. Ein Mühlstein, doch sie werden schneller. Sehr langsam.