Vinyl :: VON WOLFGANG DOEBELING

Bob Dylan – Another Side Of Bob Dylan (COLUMBIA/SUNDAZED)

Des Meisters viertes Werk gilt als Interims-Platte und wird nur sehr selten berücksichtigt, wenn das Hohelied aufDylans Großtaten angestimmt wird. Nicht mehr Protest-Folk und noch unbeflügelt von musikalischen Ambitionen, sind die Songs mal brutal, mal rührselig, stets aber höchst privat und selbstreferentiell. Er habe es satt, so verlautbarte der Dichter damals, das Sprachrohr einer Generation zu geben oder andere unziemliche Erwartungen zu bedienen. Was ihn freilich nicht hinderte, das gesamte Album an einem einzigen Juni-Abend des Jahres 1964 aufzunehmen, damit es rechtzeitig zur Vertretertagung von Columbia vorgelegt werden konnte. Das Qualitätsgefälle der Songs ist untypisch steil und reicht vom sublimen „To Ramona“ bis zu Talkin‘ Blues-Nonsense wie „Motorpsycho Nitemare“. Für die Byrds indes erwies sich Dylans andere als Schokoladenseite. Gleich fünf der elf Songs erfuhren die patentierte Rickenbacker-Veredlung, darunter das erst in der Byrds-Fassung unter die Haut gehende, sensuelle „Spanish Hartem Incident“, das selbstkritische, ja purgatorische „My Back Pages“ und „All I Really Want To Do“, in der Dylan-Fassung lachhaft verjault und verjodelt, von den Byrds auf Folk-Rock poliert, von Cher (!) sehr schön auf Pop getrimmt. Wie immer liefert Sundazed eine exakte Reproduktion, in mono und basierend auf den Analog-Masters. Verzichtbar nur für Bobcats, die im Besitz der Original-Pressung sind. Eine Edition, die praise the Lord – in Bälde fortgesetzt wird. 4,0

Humble Pie Town And Country (GET BACK/CARGO)

Supergroups waren allthe tage 1969: nach Marketing-Gesichtspunkten zusammengestellte Formationen, deren Mitglieder sich bereits anderswo ein Publikum erspielt hatten. Man erinnere sich etwa an das Nichts namens Blind Faith. Humble Pie hatten zwar eine ähnliche Genese, waren aber aus anderem Schrot und Korn, besaßen Soul. Ihre Debüt-LP „AsSafeAs Yesterdayh“ verblendete gefällig Blues, Folk und Hard-Rock, diese zweite aus demselben Jahr reduzierte den Riff-Anteil zugunsten semi-akustischer, pastoraler Nettigkeiten. Kaum Town, mehr Country. Danach verließ Peter Frampton die Band, was blieb, war Boogie. 3,0

Todd Rundgren – A Wizard, A True Star (GET BACK/CARGO)

Die letzte wichtige Platte des Exzentrikers von 1973, nicht ganz in derselben Liga wie „Something/Anything?“ vom Vorjahr, aber wieder gespickt mit Absonderlichkeiten: eine Suite aus Song-Fragmenten, ein Medley aus Soul-Balladen, Show-Tunes, Psychedelia, Vaudeville. Ein Zauberer nur, kein Star. 3,5

Seventeen – A Flashing Blur Of Stripped Down Excitement (Vinyl Japan)

Nord-Wales 1978: Teen-Combo benennt sich nach einem Song der Sex Pistols, bevorzugt aber eigentlich den Stil von Glen Madocks Rieh Kids, also Powerpop. Man geht ins Studio, nimmt 14 Tracks auf, veröffentlich zwei davon auf Single, löst sich auf. 24Jahre später endlich werden alle Takes veröffentlicht, hören sich aber inzwischen ziemlich zahm an. Eine höfliche Kreuzung zwischen Modpop und Merseybeat, „I Can’t Control Myself von den Troggs wird verharmlost, „Please Please Me“ von den Beatles ordentlich abgepaust. Sänger und Songschreiber Mike Peters sollte später groß herauskommen: als Frontmann der Potenz-Rocker The Alarm. 2,5

Hasil Adkins – Out To Hunch (NORTON)

Die 1986 erstmals kompilierten Fifties- und Sixties-Skurrilitäten des dementen Rockabilly-Primitivisten: Hillbilly-Punk, Lo-Fi deluxe und crazy, man, crazy. 3,5

The Cramps – Smell Of Female (vengeance)

Die beiden ersten LPs für IRS waren sicher ihre besten, aber wie die Ramones haben die Cramps nie eine schlechte Platte gemacht, weil die Ingredienzien ihres toxischen Stilmixes stets dieselben blieben: Rockabilly, Garage-Punk, Horror und Sex. Resultat dieser explosiven Cramps-Chemie war noch immer glorioser Trash, nun wiederveröffentlicht auf farbigem Vinyl. Sechs Post-IRS-Longplayer insgesamt, davon besonders empfehlenswert neben „Smell Of Female“: „A Date With Elvis“ (1986).

Für sämtliche Alben gilt: 3,5

The Flaming Stars – Ginmiil Perfume (ALTERNATIVE TENTACLES)

Eine Greatest-Thrills-Compilation für das amerikanische Hinterland eigentlich, nun aber als Einstiegs-Tonträger all jenen dringendst empfohlen, die dem Pulp-Fiction-inspirierten (die Literaturgattung, nicht der Film, Dummy!), halsbrecherischen, brenzligen und nicht selten sinistren Rock’n’Roll des Quintetts aus Camden Town noch nicht verfallen sind. Das deliziöse Cover allein ist die paar Dollar wert. 4,0

The Detroit Cobras – Mink, Rat Or Rabbit (SYMPATHY FOR THE REC.IND.)

Es war ihre zweite LP, die zuerst begeisterte: „Life, Love And Leaving“ war ein grelles Highlight des vergangenen Jahres. Dies nun, back by popular demand, ist das Debüt der Miezen und Männer aus Detroits dunkelsten Nachtclubs. 3,5

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