Roots :: VON JÖRG FEYER
Kerri Powers – You, Me, And A Redhead (LEOPARD SKIN/X-COUNTRY)
Auch eine Kindheit in den USA: Schon im Vorschulalter zog Kerri Powers mit Dad Tom umher, der die Burger als mobiler und schwindelfreier Starkstromelektriker verdiente. Dazu gab’s Classic Country. Klar, dass jetzt eine kleine Ode an ihren „high voltage hero“ mit dem naheliegenden Titel „Daddy Don’t Fall Down“ nicht fehlen darf. Überhaupt hat Powers ihre besten Momente, wenn sie Alltag knapp und stilsicher verdichtet (Titelsong, „4 Wheel Drive“). Und Merle Kilgores „More And More“ als Webb-Pierce-Reminiszenz passt auch. Als Geseüschaftskritikerin („Self Made Man“) und „Powerfrau“ („Don’t Tell Me“) mit R&B-Ambitionen kommt sie hingegen etwas überspannt über. Hübsch hingegen die Cajun-Schlenker in der Trucker-Hommage „f-150“. Grit Harmon, der bereits Mary Gauthier gute Dienste leistete, trägt als Produzent und Instrumentalist dazu bei, dass die Erwartungen nicht enttäuscht werden, die ein Albumtitel wie dieser weckt: A woman to watch. 3,5
Emsland Hillbillies – With Friends (DESERT KID RECORDS)
Ein Vierteljahrhundert Country aus dem platten Norden! Hermann Lammers Meyer und seine Emsland Hillbillies geben keine Ruhe und schenken sich selbst zum Silberjubiläum ein neues Album mit vorwiegend altbekanntem Material. Gut, geschmackssicher ausgewählt ist das nicht durchweg, was dazu fuhrt, dass sich hier Unsterbliches und andächtig Zelebriertes von Lowell George („Willin'“) und Neil Young („Roll Another Number“) neben Totgeborenem aus der Feder von Shania Twain („No One Needs To Know“) wiederfindet. Als Gäste geben Gay Baker & The Texas Honky Tonk Band kleine Einlagen (u.a. mit Merles „White Line Fever“), bevor der Chef mit einer gut zehnminütigen Version von Guy Clarks „Desperados Waiting For The Train“ zum Kehraus bittet Echte Desperados würden wohl trotzdem lieber einen anderen Bahnsteig wählen. 2,0
W.C. Clark – From Austin With Soul {ALLIGATOR/EDEL CONTRAIRE)
Welchen Stellenwert dieser Mann in seiner Geburts- und Heimatstadt hat, wurde spätestens 1990 deutlich. Da widmete ihm die populäre TV-Show „Austin City Limits“ zum 50. ein Geburtstagsspecial, bei dem von den Vaughan-Brüdern bis zu Lou Ann I Barton alles auflief, was dort in der Blues-Szene Rang und Namen hat In eigener Sache ist der ehemalige Joe-Tex-Sideman erst danach richtig in Erscheinung getreten, was auch eine Krebserkrankung und der Verlust seiner Verlobten und seines Drummers bei einem Tour-Unfall nicht verhindern konnten. Auf seinem vierten Album geizt Clark leider etwas mit eigenem Material. Songs wie „Let It Rain“ müssen sich ja nicht verstecken hinter Vorlagen von Clarence Carter („Snatching It Back“), Earl Randle „I’ve Been Searching“) und Allen Toussaint („Get Out Of My Life, Woman“), die seine Soul-Schlagseite aber auch bestens bedienen. Piano-Queen Marcia Ball gibt sich als Duett-Gast die Ehre, und Produzent Mark Kazanoff sorgt für Texas Horns-Vortrieb. 3,0
Gary Primich – Dog House Music (CONTINENTAL/IN-AKUSTIK)
Ebenfalls schon lange zum guten (Blues-)Ton in Downtown Austin zwischen Antone’s und Continental Club gehört dieser Mann. Gary Primich liebt offenkundig Hunde (schöne Booklet-Fotos), aber natürlich auch seine Hohner Marine Band-Harmonica, die er freilich auf JDog House Music“ ganz in den Dienst dieser 13 Songs zu stellen weiß. Die kommen mehrheitlich von Primich selbst, wobei positiv nicht zuletzt sein Faible für gedämpfte Schleicher wie „The Last Time“ auffällt Rasant hingegen gerät ein Trip nach New Orleans. 3,0