Aimee Mann – Lost In Space: Gewohnt kühl-brillantes Album von der Frau, die alle „“Baby“ nennt :: SUPEREGO/V2
Wenn du Aimee Mann zuhörst, sagt sie „“baby“ zu dir. Das hat sie immer gern gemacht, auf der neuen Platte in neun von elf Stücken. „“Baby, beware, I’m just pretending to care“, „“Let me try, baby, try“, „Baby, kiss me like a drug“, herablassend beiläufig wie die alte Kassiererin im englischen Supermarkt, die einen ungebeten „“love“ nennt. Mit „Schätzchen“ darf man es nicht übersetzen, man darf es gar nichtübersetzen, weil Aimee Mann damit nur signalisiert, dass da jemand ist, mit dem sie spricht. Dass ihre Lieder eine Hälfte eines Dialogs sind. Keiner antwortet. Wenn doch, dann hat er sie falsch verstanden.
Es ist sowieso völlig unmöglich, beim Hören von Aimee Manns Musik die Umstände zu vergessen, unter denen sie in den letzten zehn Jahren gemacht wurde. Kaum ein Künstler hat soviel Schläge von der Konzentrationsprügelei der Plattenfirmen abgekriegt, und dies ist überhaupt das erste Mal, dass (nach „“Bachelor No. 2“) eines ihrer Album beim gleichen Label erscheint wie der Vorgänger (es ist natürlich ihr eigenes Label). Wenn sie singt, singt sie trotzdem. Sie summt nicht, die Konsonanten knacken mürrisch, an den zarten Stellen kneift sie die Stirn zusammen, bis die Stimme leiser wird. Die Band rollt, rockt aber nicht, Refrains werden zynisch gefeiert mit einem kleinen Chor und der offen schwingenden E-Gitarrre – wer „“Bachelor“ gehört hat, weiß, wie „“Lost In Space“ klingt. Bitter und ganz nah.
Gleichzeitig zieht Aimee Mann sich weiter zurück, hat wieder keinen Hit gemacht und stattdessen einen Zyklus verfasst, der gar nicht duldet, dass irgendein Stück nach oben oder unten aus der Balance fallt. Die Wortspiele, das metaphorische Geflecht hält alles zusammen: Zellteilung und innere Zerrissenheit, Drogen und Liebe als Suchtmittel, Blasen, die wie Träume zerplatzen oder als hohle Planeten durchs Universum schweben. Sicher stehen da Geschichten dahinter, die sie erzählen könnte, aber nicht muss. Schon gar nicht auf einer Platte, die genau davon handelt, dass scheinbares Kapieren alles kaputt macht.
„“Do what you do, ‚til it buries you“, singt Aimee Mann, die große Poetin des maximal differenzierten Nihilismus. Alles eitel, Baby.