Sidsel Endresen – Bugge Wesseltoft – Out Here. In There: Das Jazz-Traumduo schöpft wieder kreative Kraft aus innerer Ruhe :: JAZZLAND/UNIVERSAL

Schon mit dem ersten Song „Truth“ beweist das aufregende Duo wohl nicht nur des nordischen Jazz, dass Minimalismus, aus der Ruhe geschöpfte Kraft, jederzeit musikalische Exzesse an Intensität übertreffen kann: rareKlopftöne ab Percussion, karg dosiertes Fender Rhodes – und eine Stimme, die fesselt, ohne aufzutrumpfen. Dass die „naked truth“ auch „desturbing“ sein kann, wird von Sängerin Sidsel und Keyboarder Bugge nicht unter den Tisch gekehrt: Beim zerhackten Gesang auf „Survival Techniques“ dürften weniger experimentierfreudige Hörer aussteigen – also schon bei Track drei.

Wer’s tut, verpasst diverse Gelegenheiten, die eigenwillig songorientiette Seite des norwegischen Zweigespanns zu würdigen. Sogar Neil YoYoungs „Birds“ (einst mit Nils Lofgren auf „After The Goldrush“) passt in ihr Konzept, das schon deswegen offen ausfallt, weil beide Musiker die Zusammenarbeit schon seit zehn Jahren aus ganz unterschiedlichen Ecken heraus betreiben. Sidsel von Theater- und Experimentalmusik her kommend, mit Sprache und Stimme spielend. Bugge von Grooves und Sounds fasziniert, nahe an DJs und Clubmusik bei seiner „New Conception Of Jazz“. Trotzdem singt Sidsel nicht nur auf „Try“ absolut funky, und Bugge dürfte nicht nur mit dem Intro für „Survival Techniques 3“ bei Fans subtiler Kammermusik Punkte machen.

Vier Jahre nach ihrem Geniestreich „Duplex Ride“ setzen die beiden mehr Studiotechnik ein, klingen aber immer noch absolut intim. Es ist fast schon ein eigenes Musikgenre, was sie da geschaffen haben – ein zeitgemäßes Gegenstück zu den Eigenbröteleien von Anette Peacock oder Robert Wyatt, fernab vom Mainstream des Jazz. Ihre leise Revolution kommt so hypnotisch daher, dass sich ihr wohl nur entziehen kann, wer schon bei den „Überlebenstechniken“ auf „Stopp“ drückt.

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