SHORT CUTS :: VON WOLFGANG DOEBELING

David Johansen & The Harry Smiths – Shaker (chesky/inakustik)

Der Bandname hat Klasse und ist Programm.Johansen, dessen Whisky-Stimme inzwischen klingt, als habe sie die letzten zwölf Jahre in einem Fass in Lynchburg, Tennessee verbracht, hat sich abermals im reichen, ewig gültigen Fundus amerikanischer Folk-Kunst bedient. Nicht sklavisch den Rillen von Smidis Anthologie folgend, stets aber dem Country-Blues der Jahre 1925 bis 1955 verpflichtet. Charlie Patton, John Hurt, Lightnin‘ Hopkins und Robert Wilkins gehören diesmal zu den Song- und Storylieferanten, und gleich der Opener „Furry’s Blues“ von der Memphis-Legende Furry Lewis zeigt unmissverständlich, wo es hingeht: „I believe I will buy me a graveyard of my own/ I will kill everybody that have done me wrong.“ Blues schwarz, Seele schwärzer. 3,5

Dolly Parton – Halos & Horns (sanctuary)

Dollys Bluegrass-Pop zum Dritten. Wieder mit ein paar feinen Originalen wie „Dagger Through The Heart“ oder „I’m Gone“, mit Kitsch-Bomben wie „Dear God“ und „Not For Me“, und mit einem Cover von pittoresker Absonderlichkeit: „Stairway Tb Heaven“! Sechseinhalb Minuten bluegrassig eingefarbter Bombast, überzuckert mit einem pathetisch jubilierenden Chor. Jimmy Page, sagt Dolly, sei sehr angetan. Demnächst: Merle Haggard singt „Bohemian Rhapsody“. 2,5

Jerry Douglas – Lookout For Hope (SUGAR HILL/FENN)

Der Dobro-Virtuose mit der Sorte Album, die er und nur er ohne Anstrengung zu produzieren pflegt: fehlerfrei, von frappanter Fingerfertigkeit, glatt und glänzend, zwischen Bluegrass, Jazz und hymnischem Folk. Und leider nicht frei von New-Age-Anwandlungen, die noch den einfaltigsten Esoteriker erfreuen dürften. Phish-Kopf Trey Anastasio zupft mit, James Taylor singt „The Suit“, und das gut. 2,0

Tin Roof Cats – On The Roof (bear family)

Straighter Rockabilly vom Trio aus Bremen, okay auf den reinen Tanznummern, besser noch auf den von Gene Vincent und Jack Scott inspirierten, melodieintensiven Cuts, am besten lässig swingend wie auf dem title track. 3,0

Beachwood Sparks – Make The Robot Cowboys Cry (ROUGH TRADE/ZOMBA)

Ihre erste LP überwältigte durch die Kongruenz von klassischen Westcoast-KIängen und süperben Songs. Die zweite franste schon etwas, fokussierte auf das Hippieske und Zottelige. Die neue nun ist bloß noch blumig und selbstverliebt. Hübsch anzuhören, wenn man die Patina des Debüts nicht vermisst, aber ohne erkennbare musikalische Konsequenz, ohne Utopie. Ein „Mini-Album“ sei Jlobot Cowboys“, weil die Spieldauer knapp unter einer halben Stunde liegt. Blödsinn. Da hätten die Beach Boys ausschließlich Mini-Alben gemacht. 3,0

Martin Newell – Radio Autumn Attic (cherry red)

Beginnt wie die Beach Boys, circa „Sunflower“. Nein, wie die frühen High Llamas beim Beerben der Beach Boys, circa „Sunflower“. Oder wie die späten XTC beim partiell gelungenen Versuch, die frühen High Llamas zu schlagen, in der Disziplin „Beste Beach Boys-Epigonen“, Sparte „Sunflower“. Doch dann entfaltet Newell seine literarischen Talente, lässt den Pop raus und das Exzentrische und das Mildpsychedelische und das Subtilironische, mithin Urbritische. 3,5

Lato – More Art Than Convenience? (FIRESTATION TOWER)

Prima LP vom Bntisch-Berliner Quartett, das nicht von ungefähr Paul Weller covert, nicht zufallig dessen „It Just Came To Pieces In My Hands“, nicht schlecht überdies. Die eigenen Tunes atmen zuweilen den Geist von Oasis. „Shiver In The Mirror“ belehnt gar „Rock’n‘ Roll Star“. „Pop people in this town“, lautet ein Appell auf der Innenseite des Klappcovers, „you’ve got to stick together.“ More art than convenience, definitely. 3,5

Reto Burrell – Shaking Off Monkeys (BLUE ROSE/INAKUSTIK)

An Burrell hängt seine Eidgenossenschaft wie ein Stigma. Dabei ist sein Englisch akzentfrei, sein Rock amerikanisch und sein Sinn für Melodie so ausgeprägt wie seine Stimme angenehm. Fans von Tom Petty und Sheryl Crow könntren hier leicht fündig werden. 3,0

The Evinrudes – Somebody Has To Be Pat Boone (FLYING SPARKS/ZOMBA)

Auch Sherry Cothran & Brian Reed aka The Evinrudes aus Amerikas Heartland beackern das weite Feld zwischen Rock und Pop, klischeeärmer indes als die meisten ihrer Konkurrenten. Und weitaus smarter. 2,5

Custom – Fast (ARTIST DIRECT/BMG)

Custom ist Skater, Biker, Autofreak. Macht, was er will, mit seiner Posse, tanzt den Cops auf der Nase herum. Ein Outcast, ein Rebell. Trägt den Hosenboden bis zum Boden, surft wüst im Internet, raucht, wann und wo er will. Ein Adrenalin-Junkie und Crossover-Rocker. Kontroverser als Eminem, sagt auch seine Posse. Und tausendmal lausiger, sagen wir. 1,0

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