Vinyl :: VON WOLFGANG DOEBELING
The Yardbirds – The Best Of The Yardbirds (GET BACK/CARGO)
Der herrschenden Bierdeckel- und Briefmarken-Ästhetik digitaler Tonträger setzen Vinyl-Reissues immer hochwertigere, opulentere Verpackungen entgegen. Das Auge hört mit. Get Back wartet nun mit einer Reihe Editionen auf, die von Abraxas in Italien gefertigt werden und zwei 180g-LPs in ein Cover betten, das sich zum Tryptichon aufklappen lässt Und ein 16-seitiges Booklet birgt mit Sleeves-Abbildungen seltener 7inch-Singles. Macht etwas her und belastet die Statik von Sammler-Klausen mit rund anderthalb Pfund. Schade, dass die Audio-Qualität nicht mit der Optik schritthält Denn wie schon bei den vielen vorangegangenen YardbirdsPlatten von Get Back basieren auch diese Pressungen auf den digital ausgedünnten Masters des Lizenzgebers Charly. Mag sein, dass an die Original-Columbia-Masters nicht leicht heranzukommen ist, aber so klingt der Rhythm & Blues deutlich zu clean und domestiziert. Kein Schmodder auf „Steeled Blues“, kein Overspill auf „You’re A Better Man Than I“. Das ungestüme, von Giorgio Gomelsky einst mühsam gebändigte Cover des Johnny-Burnette-Klassikers „Train Kept A-Rollin'“ mutet merkwürdig gebremst an. Immer noch besser als von CD? Sicher. Und mit 22 Euro kaum teurer. Spottbillig gar, verglichen mit den dreistelligen Summen für Originale. 4,0
The Small Faces – Immediate Hits – Mod Rarities (GET BACK/CARGO)
Aufmachung und Qualität wie oben: „Deluxe triple gateful packaging, digitally remastered“. Musikalisch reifer und experimentierfreudiger als während ihrer zwei Decca-Jahre, avancierten die Small Faces ab Sommer ’67 auf Andrew Loog Oldhams Immediate Records zu einem so kreativen wie kurzlebigen Brainpool in Sachen Modpop und Bluesgeerdeter Psychedelia. Eine stilprägende Combo, nicht in Beatles/Stones-Dimensionen natürlich, aber so einflussreich wie die Kinks oder die Hollies. Wie und warum erfahrt der Novize hier, via Hits, B-Seiten, Alternate Takes und einer eigentlich überflüssigen Instrumentalversion von „Tin Soldier“. 4,0
The Byrds – Sanctuary lV (sundazed)
Sundazed setzt seine verdienstvolle Sanctuary-Serie mit dem umstrittensten und unseligsten Kapitel der Byrds-Historie fort: den Sessions zu „Sweetheart Of The Rodeo“. Hier nun kommen sie zu Gehör, jene „verlorenen“ Gram-Parsons-Vocals, die seinerzeit aus „rechtlichen“ Gründen von Bandleader Roger Mc-Guinn ersetzt worden waren, darunter „One Hundred Years From Now“ und „You Don’t Miss Your Water“. Überdies kommt man in den nicht unbeträchtlichen Genuss, Grams Gesang auf Songs zu hören, die im Original von George Jones, Merle Haggard und Tim Hardin stammten, sowie einer frühen Version von „Lazy Days“, das ja offiziell erst auf „Burrito Deluxe“ veröffentlicht wurde. Die weiteren Outtakes sind Beiwerk. 4,0
Patto – Hold Your Fire (AKARMA/CARGO)
Nach dem Debüt-Album „Patto“ machen die Prog-Rock-Spezialisten des Labels Akarma nun die zweite, von 1971 datierende LP der britischen Exzentriker um Sänger Mike Patto und den höchst eigenwilligen Gitarristen OUie Halsall zugänglich. Mit“F ine“entwickelte sich der Band-Sound in Richtung jazz, der Einsatz von Overdubs ermöglichte ein volleres, farbigeres Klangbild. Ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg freilich. Zu kantig wohl und sicher zu komplex. 3,0
Gurtis Mayfield – Curtis In Chicago (GET BACK)
Flankiert von Chicagos Soul-Bruderschaft um Jerry Butler und Gene Chandler, spulte Mavfield vor seiner Homecrowd sämtliche Hits ein wenig zu sehr in die Länge. Stücke wie „Superfly“ oder „Tm So Proud“ geraten so als Songs etwas aus den Fugen, gewinnen jedoch als Showcases für den Meister des Falsett. Aufgenommen 1973, im Original auf dem Mayfield-eigenen Curtom-Label veröffentlicht. Gatefold-Cover, gute Pressung. 3,5
John Fahey – Georgia Stomps, Atlanta Struts (TABLE OF THE ELEMENTS)
Im August 1997 live in Atlanta aufgenommen, bleiben diese epischen Variationen meist berühmter Kompositionen das eindrucksvollste Dokument für Faheys späten sonischen Radikalismus. Wie sich das aufs Wesentliche reduzierte, roh gezimmerte „House Of The Rising Sun“ in Artie Shaws „Nightmare“ verwandelt, hat noch jedesmal sämtliche Nackenhaare aufgerichtet. Dito Duke Ellingtons alte Kastanie „Mood Indigo“. Doppel-LP. 4,0
Long Tall Shorty – Completely Perfect (DETOUR)
Die mit 31 Tracks kompletteste Karriere-Werkschau des Londoner Mod-Revival-Quartetts. Die ursprünglich für Warner Brothers 1979 aufgenommene und damals nicht veröffentlichte LP „1970’s Boy“ okkupiert Record One, der aufPlatte zwei verteilte Rest setzt sich aus Singles und bislang verschollenen Tracks zusammen. Die Musik pendelt zwischen Pubrock, Punk und Powerpop, die eine Hälfte gefallt, die andere fallt ab. Für den Sommer sind Gigs der reformierten Band im Großraum London geplant Das Revival des Revivals. 3,0