The Streets – Original Pirate Material
Die Platte von The Streets handelt vom großen Spaß, in bekiffter Konstitution Playstation zu spielen.
Von den Überlegungen, wie man wohl in die Bar kommt, wenn man schon sehr betrunken ist. Vom Problem, dass das Date mit dem Dealer oft länger dauert und man zum Date mit der Freundin zu spät kommt, dann treffen einen im Imbiss Pommes am Rücken, die Provokateure geworfen haben, und der Körper schreit, man solle in Zukunft weniger Brandy trinken. Viele sagen: Ja, genau so ist das! Wenn Leute das sagen: Pop-Literatur.
Zu allem Überfluss ist das Debüt des Londoner Milchbubis Mike Skinner eine Dance-Platte. Noch schlimmer: 2Step. Die Nachgeborenen des englischen Drum’n’Bass haben sich dafür HipHop-Kleider gekauft, mittlerweile heißt das UK Garage und ist ein massives Ding. Die besonders beliebte So Solid Crew sieht wie Bro’Sis aus, mit Gangsta-Schlagringen. Im Vergleich ist der kleine Skinner, der seinen Birmingham-Arbeiterklasse-Akzent pflegt, ein Außenseiter: „Around here we say birds, not bitches“, singt er.
Er redet viel, eigentlich ist das Rap, aber mehr wie der Kneipenreporter Mark E. Smith oder Happy Mondays-Sänger Shaun Ryder, der Acid-Chronist. Der Junge klingt ungebrochen und naseweis dagegen, aber er berichtet in ähnlicher Art aus dem Inneren der 2002er Vorstadt. Ein Schelmenroman. Einmal darf sogar ein betrunkener Freund ans Mikro, aber nur kurz, weil das keine Komödie ist, nicht Ali G. und nicht Erkan und Stefan.
HipHop-Platten handeln bis zum Erbrechen von ihren Machern, auf „Original Pirate Material“ spricht dagegen ein Fan, der seine Musik unter bescheidenen Bedingungen, aber mit größter Sorgfalt herstellt. „Has It Come To This“: klassischer 2Step mit Piano-Arpeggio und Soul-Sample. „Let’s Push Things Forward“: Reggae, Gameboy-Effekte. „Sharp Darts“: Beastie Boys. „Who Got The Funk“: eine Stilübung mit Wah-Wah-Gitarre, Skinner beschwichtigt: „It’s just a groove!“
Londoner Nacht-Flaneure können diese Platte am besten beurteilen.Trotzdem, vorsichtig: Ein Tanzalbum mit so viel Gehalt gab es lange nicht. Auch nicht von Eminem.