The Jon Spencer Blues Explosion – Plastic Fang: Explosiver Riff-R&B mit möglicherweise ironischer Brechung :: MUTE/ZOMBA
„This is kind of more sophisticated…“, nölt irgendwer zu Beginn des sechsten Stücks „Hold On“ – das ist der Schlüssel zum Werk der Jon Spencer Blues Explosion. Auch Menschen, die mit Rock sonst nichts anfangen können und „Exile On Main Street“ nicht mit spitzen Fingern anfassen würden, schwören auf den Riff-Rock von Jon Spencer. „Die ironische Brechung macht’s“, sagen sie. „Postmoderne“, sagen sie.
Doch mit ironischem Rock ist’s wie mit ironischem Sex – es funktioniert nicht wirklich, daher vermeidet Spencer das Wort „Ironie“, wo er nur kann. Intelligenz jedoch kann in beiden Fällen nicht schaden, Sportsgeist allein reicht nicht Rock’n’Rollknow-how. Das hat Jon Spencer.
Auf die intelligente Setzung von Schlüsselreizen kommt es an. Es gilt, was VIVA-Göre Charlotte Röche zu schön wie folgt umschrieb: „Wenn’s nicht rockt, ist’s für’n Arsch.“ Und „Plastic Fang“ rockt vortrefflich!
So durchschlagend und schnörkellos hörte man die Blues Explosion zuletzt auf JSxrra Width“. Wurde dieses Wunderwerk 1993 noch mit nur einem Mikro oder so aufgenommen (es klingt jedenfalls teilweise, als spielten sie in einem Schuhkarton), sitzt dieses Mal alles am richtigen Platz. Jedes Riff knallt direkt ins Ohr (Achtung: Kopfhörerplatte!). Kein Solo zu viel. Zwölf Songs, 50 Minuten, das ist dreckig und hat doch Stil oder meinetwegen auch Style. Rock aus dem Lehrbuch. Elektronik muss da natürlich draußen bleiben. Verdrehte Saxofone und irre Mundharmonika findet man auch nirgends – straight sagt man wohl. Da ist Ordnung, wo früher Chaos war. Gäste würden da nur stören (Dr.John und Elliot Smith sollen dabei sein, haben sich aber gut versteckt). Produziert hat Steve Jordan (Aretha Franklin, Keith Richards).
Nie klang die Jon Spencer Blues Explosion so sehr nach einer Blues-Explosion wie hier. Das ist manchmal auch ein Problem. Spencer ist es gelungen, die Pastiche so sehr an das Original anzugleichen, dass man lieber rockt als schmunzelt, wenngleich die Texte schon dazu verleiten.Ums mit ferner Hantsch zu sagen: „Jon Spencer hat den Blues-Rock nicht erfunden, aber er stand daneben.“ Thinking man’s Status Quo.