Nicolai Dunger – Soul Rush
Grandioses, an Min Morrison geschultes Album aus Schnöden
Eine Zeit lang war es Mode, jeden talentierten Songwriter als den neuen Nick Drake abzufeiern. Mittlerweile sprechen alle nur noch vom neuen Tim Buckley. ParadigmenwechseL Doch warum? Sind die Songs schlechter geworden und die Stimmen höher? Das Großartige an Buckley waren ja weniger die Songs als vielmehr die Free-Jazz-geschulte Stimmakrobatik. Pharoah Sanders ohne Saxofon. Das hat seitdem kaum jemand hinbekommen. Robert Wyatt vielleicht.
Der Schwede Nicolai Dunger war auch mal ein Songschreibertalent, von dem man sich viel versprach. „SoulRush “ ist nun schon sein viertes Album, und er ist Anfang 30. Der Erfolg blieb bisher leider aus. Was wohl daran lag, dass Dungers Alben meist auch eine experimentelle Seite hatten und sich nur schwerlich als eindimensionele Singer/Songwriter-Alben verkaufen ließen. So beschäftigt Dunger sich schon länger mit unterschiedlichsten Spielarten des Jazz und arbeitete jüngst für eine Vinyl-Trilogie (!), die bisher nur in Schweden erschien, unter anderem mit Lars Gustaffson. Sein letztes, auch bei uns erschienenes, Album „The Cloud Is Learning“ war da schon sehr zurückgenommen und erinnerte in seiner verhaltenen Jazz-Folkigkeit ein bisschen an „Blue Aftertwon “ von – na klar -Tim Buckley.
Für „Soul Rush“ hat Dunger nun mit dem Esbjörn Svensson Trio zusammengearbeitet. Jazz-Trio und Songschreiberkunst, da denkt man natürlich vor allem an „Astral Weeks“ von Van Morrison. Die Phrasierungen in „Dr. Zhivago’s Train“, die Streicher- und Bläsersätze im unglaublichen „Ballad Of A Relationship“, die Energie von „Something New“ und der Blue-eyed Soul des Titelstücks lassen dann auch wirklich an Van the Man, Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre, denken. Größtenteils live im Studio eingespielt, strahlt „Soul Rush“ eine Spontaneität und Virtuosität aus, wie sie vielen der gehypten semiakustischen Produkte aus Großbritannien leider abgeht.
Wenn Sie in diesem Jahr noch ein kleines blue-eyed Wunder erleben wollen, kaufen sie diese Platteund „The Cloud Is Learning“ gleich mit Das kann Leben retten – oder zumindest die öde Weihnachtszeit.