Macy Gray :: The lD
Als Debütantin die Sensation, fehlen Macy die großen Überraschungen
Wie war es denn nun, das Leben nach dem Durchbruch gleich mit „On How Life b“i Es dürfte sich für Macy Gray vor allem wahnsinnig beschleunigt haben. Eine Blitzlicht-Existenz im Platin-Regen mit vielen neuen Freunden. Preise ohne Ende, Rei- sen am Limit für eine, die bis dahin kaum über Atlanta, Detroit, New ork hinausgekommen war. Musikalisch, hören wir sie staunend berichten, hätten sie die Aufenthalte in Deutschland und Frankreich „am meisten beeinflusst“, wegen der „vielen Drum’n’Bass- undJungle-Elemente“; auch die Londoner „Boom-chikkaboom-chikka-boom“-Beats hätten Spuren hinterlassen.
Nach den „versteckten musikalischen Hinweisen“ darauf muss man auf „The JD“ (Produktion: Rick Rubin) aber wirklich mit der Lupe suchen. Auffallig ist eher, dass Macy Gray – anders als noch beim Debüt – nicht mehr ganz
am HipHop-Kosmos vorbeischweben möchte. Das sanfte „Forgiveness“ etwa verendet ein wenig müde in einer Scratching-Kulisse. Und auffällig ist leider auch, dass sie große Gast-Stimmen ziemlich lapidar verschenkt. Das trifft zumal auf Erykah Badu zu, die in der Nummer-sicher-Single „Sweet Baby“ kaum mehr ist als Prestige-Staffage. Auch Angie Stone und Rapper Mos Def wirken im albernen „My Nutmeg Phantasy“ nicht wirklich daheim. Da macht ausgerechnet der alte Schlawiner Slick Rick als Kinderchor-Hüter in „Hey Young World II“ noch die passendste, wenn auch kuriose Figur. Dabei wäre es doch ganz schön, mal eine andere Stimme als ihre zu hören.
Grays Problem ist ja, dass sie eine zwar äußerst originelle, aber deshalb auch sehr limitierte Sängerin ist. So pickt man sich schnell die Rosinen, bevor man ihres Minnie-Maus-Timbres überdrüssig wird. Und die warten allem „Weiterentwickeln“ zum Trotz eher auf klassischem Terrain. Insbesondere „Don’t Come Around“ ist ein schöner Slow-Soul-Schwinger traditionellen Zuschnitts, auch „Give Me All Your Lovin‘ Or I Will Kill You“ gefallt als trockener Funk-Schleicher. Zuvor hat Macy Gray noch schnell die „Sexual Revolution“ ausgerufen. Gähn. Womöglich glaubt sie wirklich daran, diese könne ausbrechen, wenn wir nur weniger diskret flüstern und den Freak in uns allen mit einem „Freak Like Me“ (Songtitel) teilen würden. Ist das nicht ein ganz alter Hut, Jahrgang ’68? Wie groß kann die Revolte noch sein, wenn einem der vermeintliche „Sex“ an jeder Ecke entgegenstöhnt? Erst Track 11 torpediert dann wirklich alle Erwartungen. „Oblivion“ (Gray: „mein Lieblingstitel“) klingt, als habe man eine durchgeknallte Gospel-Queen für ein paar Stunden in einen Übungsraum mit einem mindestens 20-köpfigen Hochzeitsensemble vom Balkan gesteckt. Getränke inklusive. Da fliegen fast die Lautsprecher auseinander.