Rickie Lee Jones
It’s Like This
Rickie Lee Jones singt wieder einmal die Kompositionen anderer Leute
Dass eine mit Herz und Verstand getroffene Auswahl von Coverversionen bei einem Mindestmaß an künstlerischer Hingabe enorme Aussagekraft über den Interpreten entwickeln kann, ist dank zahlloser schlechter und mittelmäßiger Resultate in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten. Beinah. Rickie Lee Jones scheint das Spaß zu machen – sie tut’s zum dritten MaL Das erste Mal war die EP „Girl At Her Volcano“ (1983). Die junge Miss Jones verstörte Kritik wie Publikum, indem sie sich Klassiker wie „My Funny Valentine“ oder „Walk Away Renee“ mit expressiver Kraft förmlich einverleibte, dabei aber den Eindruck hinterließ, sie würde sie kaum berühren. Ihre zweite Platte mit Standards war „Pop Pop“ (1991), aufgenommen mit Bassist Charlie Haden und Saxofonist Joe Henderson, aber trotzdem kein reines Jazz-Album. Purismus oder irgendeine Form von Exklusivierung war ihre Sache nie und ist es bis heute nicht „It’s Like This“ nun ist ihre bisher wirrste Sammlung von Fremdkompositionen. Originale wie Steely Dans „Show Biz Kids“, Charlie Chaplins „Smile“ oder die verblüffend lakonische Version des Traffic-Klassikers „Low Spark Of High Heeled Boys“ werden in ihren Händen praktisch zu eigenen Songs, zu neuen Originalen. Wie immer erstklassige, einfühlsame Sidemen: Peter Erskine, Bruce Brody, Taj Mahal und Joe Jackson (der tut, was er am besten kann – er spielt einfach mal nur Klavier, und zwar keine Nocturnes).
Eine der besten Jones-Platten ist „It’s Like This“ ebenso wenig wie die zwei vorgenannten. Ihre ganze emotionale Kraft und die besondere Art, mit der sie sich den Charakteren der Songs nähert, ohne ihnen je zu nahe zu treten, entfaltet Rickie Lee in ihren eigenen Stücken. Im Kontext von Liedern anderer Leute stellt sie sich vor allem in deren Dienst, wird Medium, Interpretin. Ein Moment der Distanz, das für jemanden, der mit diesem Album den ersten Kontakt zu Frau Jones aufnimmt, allerdings kaum wahrnehmbar sein dürfte. Was auch nicht schlimm ist.