Ash – FreeAll Anqels
Mancher wird zugeben müssen, Ash nach ihrer letzten Veröffentlichung „Nu-Clear-Sounds“ insgeheim schon abgeschrieben zu haben. Oberflächlich betrachtet provozierten die Nordiren ein solches Urteil jedoch geradezu: bescheuerter Titel, blödes Cover und .Jesus Says“, einer der zerfahrensten und reizlosesten Nummern des Quartetts als Single – das konnte nur schiefgehen. Anstatt einen der immerhin fast ein Dutzend formidablen Titel als Single zu veröffentlichten, machten Tim Wheeler und der Rest lieber einen auf dicke Hose: Demolierte Hotelzimmer und im Video Oral-Sex in der Badewanne. Die Zeiten, als Wheeler, wie im besten Ash-Song „Goldfinger“, wehmütig zurückblickte oder im Clip zu „Oh Yeah“ klitschnass im strömenden Regen sinnierte, schienen vorüber zu sein.
Und nun, man darf es vorwegnehmen, ist „Free AllAngels “ nicht nur ein wahrhaft großes Album geworden, sondern auch eines, das Bestand haben wird. Schon der Beginn „Walking Barefoot“ ist eine Power-Pop-Hymne, die nur an die allerbesten Tage Ashs erinnert, die Single „Shining Light“ dagegen eine beseelte Huldigung und ein Musterbeispiel von grandiosem Songwriting, das man Wheeler gar nicht
hoch genug anrechnen kann. Das schwelgerische „Candy“ basiert auf einem Streicher-Sample des Walker Brothers-Klassikers „Make It Easy On Yburself‘ und könnte für die nächste Veröffentlichung der ja noch nicht mal 25-Jährigen bereits richtungsweisend sein. „Cherry Bomb“ ist ganz vortrefflicher Pop-Punk. Nicht nur, dass die großen Gefühle, die Streicher und die wunderbar erhebenden Balladen wie „Someday“ oder „There’s A Star“ noch ausformulierter wirken, auch die Gitarren-Kaskaden und der rotzige Lärm muten strukturierter und überlegter an.
Ash genießen den Vorteil, ihr Burnout-Syndrom bereits injungen Jahren erlitten und überwunden zu haben. Doch was noch wichtiger ist: Nach „Free AU Angels“ darf man Tim Wheeler nicht mehr belächeln. Im Gegenteil: Man muss ihn zu den größten Songwritern Großbritanniens zählen.